Wie Che Guevara sieht Drago Petan nicht gerade aus. Glatt rasiert, das Haar adrett gescheitelt, Gleitsichtbrille, graue Krawatte, blauer Anzug. Und trotzdem steht er zwischen Tausenden Demonstranten auf dem Marburger Freiheitsplatz, trotzdem wünscht er sich den Umsturz. "Alles, absolut alles muss anders werden", sagt der 45-jährige Familienvater. "Zuerst muss diese korrupte politische Klasse weg und dann die verkommenen Banken. So können wir nicht mehr weiterleben."

Slowenien probt den Aufstand, und Marburg, die zweitgrößte Stadt des Landes, ist zum Epizentrum des Wutausbruchs geworden. Junge, Alte, Arbeitslose und Unternehmer, sogar Kinder sind gekommen, mit Transparenten, Megafonen, Trommeln, Trillerpfeifen. Der lokale Studenten-Sender heizt mit heißen Rhythmen ein; einige tanzen, viele diskutieren. Sie sind laut, und sie wollen auch gehört werden. "Gotof je! Gotof je!", schreien sie in Sprechchören Richtung Rathaus. "Fertig ist er!", "Seine Zeit ist abgelaufen!", rufen sie in Richtung Rathaus. Der Bürgermeister selbst, heißt es vonseiten seines Sprechers, sei heute gar nicht da, ja die ganze Woche sei Franc Kangler weg.

Das ganze Land verkauft

Doch eine Woche ist den Demonstranten viel zu wenig. Kangler, gegen den mehrere Ermittlungsverfahren wegen Korruption laufen, soll weg; der einstige Judoka ist zum Inbegriff des selbstherrlichen Bürokraten geworden, der sich und seine Freunde versorgt und das Volk schröpft. Nicht nur hier in Marburg, sondern, wie viele meinen, bis ganz hinauf in die Staatsspitze. "Sie haben unser Land verkauft", sagt Tamara, die bunte Nelken als Symbol des friedlichen Aufstands verteilt. "Ich studiere Rechtswissenschaften, aber ich weiß, ich werde bestenfalls als Kellnerin arbeiten", sagt die 25-Jährige. "Die Preise steigen ins Unermessliche. Wie soll man da eine Familie gründen?"

Petan ist Bauunternehmer, und wie sein Freund, der eine Autowerkstatt führte, ist er, wie er sagt, am Ende. "Die Banken geben uns Privaten keine Kredite mehr, die bekommen die staatlichen Konzerne. Wir können unsere Angestellten nicht bezahlen, immer mehr Eltern können sich für ihre Kinder nicht einmal die Jause im Schulbuffet leisten - und unsere Regierung schaut nur auf sich selbst", sagt er.

Mateja ist trotzdem zuversichtlich. "Die Slowenen waren jahrhundertelang unterdrückt. Endlich ist das Volk erwacht, endlich haben wir erkannt, dass wir immer noch für dumm verkauft werden und uns wehren müssen", sagt die Bibliothekarin. Ein Marketing-Experte mit Blume am Revers hofft auf den Neuanfang. "Obwohl ,Gotof je' ein Dialekt-Ausdruck aus Marburg ist, wird unser Slogan inzwischen bei Protesten im ganzen Land verwendet. Er motiviert und eint die Leute, und ich hoffe, dass wir so die korrupte Polit-Elite loswerden", sagt er. "Unser Land hat wirklich Besseres verdient."