Ex-Minister Ernst Strasser steht vor Gericht. Was bedeutet es für Sie, wenn ein so hochrangiger ehemaliger Parteifreund auf der Anklagebank sitzt?

BEATRIX KARL: Es ist ein Wahnsinn, wenn ein solches Verhalten gesetzt wird. Es war für die ÖVP völlig klar, einen Schlussstrich zu ziehen. Für die Politik ist ein jeder solcher Fall äußerst bedauerlich, weil es dazu führt, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik sinkt.

Sie planen eine große Strafrechtsreform. Nach Ansicht der Richtervereinigung gibt es innerhalb der bestehenden Strafrahmen aber genug Gewichtungsmöglichkeiten. Handeln Sie auf Zuruf der Öffentlichkeit?

KARL: Wenn die Bevölkerung das Gefühl hat, da stimmt etwas nicht, muss ich das als Justizministerin ernst nehmen. Zuerst geht es mir darum, innerhalb der Sexualdelikte Ungleichbehandlungen zu beseitigen. Dann geht es um die Ungleichgewichtung zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben: Stimmt die Relation, muss man nachschärfen? Vielleicht sind ja auch die Strafen bei Vermögensdelikten zu hoch.

Das Weisungsrecht ist äußerst umstritten. Dieses Thema wollen Sie in dieser Legislaturperiode aber nicht mehr angreifen?

KARL: Dass die Justizministerin nicht Weisungsspitze sein soll, ist ein Dauerbrenner. Es herrscht beim Weisungsrecht aber volle Transparenz. Ist ein vom Nationalrat gewählter Bundesstaatsanwalt so viel unpolitischer? Damit würde der Anschein der politischen Einflussnahme auch nicht beseitigt werden. Die diskutierten Modelle bedeuten keine Verbesserung zur geltenden Rechtslage. Es wurde mir noch kein überzeugendes Modell vorgelegt und deshalb denke ich nicht an eine Änderung.

Jetzt geht Österreichs oberster Korruptionsjäger Walter Geyer in Pension. Verraten Sie uns einen Nachfolger?

KARL: Nur so viel: Es gibt vier Bewerbungen, es wird noch im November entschieden.

Stichwort politischer Einfluss: Was soll man sich denken, wenn man sich in der Partei eines in erster Instanz verurteilten Politikers schon vor der Berufungsverhandlung über ein schönes Christkind freut?

KARL: Das ist vielleicht ein Wunsch ans Christkind. Das Christkind verhandelt aber nicht. Dass ein Urteil bekannt ist, noch bevor verhandelt wurde, weise ich zurück. Da stelle ich mich vor die Berufungsinstanz. Wir haben eine unabhängige Rechtsprechung.

INTERVIEW: ANTONIA GÖSSINGER