Ein 15 Jahre altes Mädchen aus Pakistan ist zur modernen Märtyrerin geworden - noch dazu mit Happy End. Malala Yousafzai aus dem Swat-Tal, einer der konservativsten Gegenden des streng muslimischen Pakistan, hat sich seit Jahren für das Recht von Mädchen auf Bildung eingesetzt - und erlangte damit eine relative Bekanntheit. Vor einem Monat schossen ihr Taliban-Aktivisten in Kopf und Nacken. Seitdem ist sie weltberühmt.

Allein in Großbritannien unterschrieben Zehntausende eine Petition mit dem Ziel, die junge Frau für den Friedensnobelpreis zu nominieren. In ihrer pakistanischen Heimat wurde am Samstag ein "Malala"-Tag begangen. Staatspräsident Asif Ali Zardari fand große Worte für den Vorfall vor einem Monat, der sein Land einmal mehr in den direkten Zusammenhang nicht nur mit islamistischem Terror, sondern auch mit der Missachtung von Menschenrechten stellte: "Die Angreifer haben nicht nur versucht, eine Tochter Pakistans zu töten. Sie haben versucht, Pakistan zu töten", sagte der Präsident.

Malala selbst hat in den vergangenen Wochen eine Odyssee durch die Welt der Medizin erlebt, mit glücklichem Ausgang. Per Hubschrauber wurde sie in Pakistan von einem Militärkrankenhaus zum nächsten geflogen. Die Ärzte entfernten ihr nicht nur die Kugeln aus dem Kopf, sondern öffneten auch die Schädeldecke, um den Druck auf das Gehirn zu lindern. Ins künstliche Koma versetzt, wurde sie in die Universitätsklinik nach Birmingham geflogen. "Sie hat Glück, dass sie lebt", sagte dessen medizinischer Direktor Dave Rosser nach ihrer Ankunft.

Doch die Nachrichten wurden besser: Trotz der Schüsse muss das Mädchen keine schweren Hirn- und Nervenschäden fürchten. Eine Woche nach der Attacke stand die 15-Jährige schon wieder auf ihren Füßen. Nach Meinung der Ärzte im Queen Elizabeth Hospital wird sie noch eine Weile bleiben müssen. Wenn sie wieder etwas zu Kräften gekommen ist, muss der geöffnete Schädel wieder geschlossen werden und auch ihr lädierter Kiefer braucht noch Behandlung.

Wenn das Mädchen aus dem Krankenhaus kommt und in ihre pakistanische Heimat zurückkehrt, wird sie sich auf einen Heldenempfang einstellen dürfen. Vor den Schüssen war sie in ihrer Heimat keine Unbekannte - sie gab Interviews und schrieb einen Internet-Blog. Doch jetzt ist ihr Name auf T-Shirts und Poster gedruckt, selbst Staatsmännern und Prominenten von Barack Obama bis Madonna und von Angelina Jolie bis Ban Ki-moon kommt er ganz selbstverständlich über die Lippen. Die Vereinten Nationen riefen ein Bildungsprogramm ins Leben: "Ich bin Malala" lautet der Titel. Und sogar das pakistanische Militär, bisher durchaus im Ruf, mit den Taliban bisweilen zu paktieren, muss sich zumindest offiziell dem Trend fügen.

Die Taliban haben mit ihrer schändlichen Attacke auf Malala genau das Gegenteil von dem bewirkt, was sie erreichen wollten. Wohl noch nie zuvor wurden im Swat-Tal von Pakistan die Rechte von Frauen und Mädchen so groß geschrieben wie in diesen Tagen. Und wohl selten zuvor fielen die internationalen Appelle für Bildung von Mädchen auf so fruchtbaren Boden bei der örtlichen Bevölkerung. Alle weiteren Einschüchterungsversuche der Taliban sind bisher verpufft.