Zu Beginn des 18. Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas hat der scheidende Staats- und Parteichef Hu Jintao größere Anstrengungen beim Kampf gegen Korruption und ein nachhaltigeres Wirtschaftswachstum gefordert. Wenn es nicht gelinge, die Korruption in den Griff zu bekommen, könne dies zum "Kollaps von Partei und Staat" führen, warnte Hu vor 2.200 Delegierten in Peking. Das Treffen soll einen Führungswechsel in der Volksrepublik einleiten. Hu rief in der Großen Halle des Volkes am Tiananmen-Platz dazu auf, die "politische Strukturen" zu reformieren. Es müsse stärkeres Gewicht auf eine "Verbesserung des demokratischen Systems" gelegt werden, forderte er.

Korruption als Staatsfeind Nummer 1

Deutliche Worte fand Hu zum Thema Korruption. Die Partei werde dafür sorgen, dass keine Führungsfigur "ihre Macht missbraucht" und müsse "sicherstellen, dass alle vor dem Gesetz gleich sind", sagte der Präsident, ohne den ehemaligen Politstar Bo Xilai namentlich zu nennen. Als Parteichef und Bürgermeister der Millionenmetropole Chongqing galt Bo als Anwärter auf einen hohen Posten in der Partei, musste seine Ämter dann aber wegen Korruptionsvorwürfen aufgeben.

In seiner eineinhalbstündigen Rede forderte Hu zudem ein ausgeglicheneres und nachhaltigeres Wirtschaftswachstum. Das stark exportorientierte China müsse seinen Handelsüberschuss zugunsten eines stärker am Binnenkonsum orientierten "neuen Wirtschaftsmodells" ausrichten. "Als Antwort auf Veränderungen in der heimischen und internationalen wirtschaftlichen Entwicklung sollten wir die Förderung eines neuen Wachstumsmodells vorantreiben und dafür sorgen, dass Entwicklung auf verbesserter Qualität und Leistung beruht", sagte Hu.

China als neue Seemacht

In seiner landesweit im Fernsehen übertragenen Rede warb Hu auch für eine bestimmendere weltpolitische Rolle der zweitgrößten Volkswirtschaft, als er forderte, China müsse eine Seemacht werden, die ihre Interessen "entschlossen" vertritt; die Streitkräfte, insbesondere aber die Marine sollten modernisiert werden. China streitet derzeit mit Japan und anderen asiatischen Ländern um verschiedene Gebiete im Ostchinesischen Meer. Die japanische Regierung forderte Peking in einer Reaktion auf die Rede Hus auf, seine größere Macht "auf friedliche Weise im Einklang mit internationalem Recht" auszuüben.

Nach Einschätzung von US-Experten könnte die Volksrepublik seine U-Boote innerhalb von zwei Jahren mit Atomraketen ausrüsten. Die Volksrepublik sei dabei, ein dauerhaftes Abschreckungspotenzial auch auf See aufzubauen, heißt es in einem Entwurf eines Expertenberichtes für den US-Kongress, der der Nachrichtenagentur Reuters vorlag. Die Forscher empfehlen den US-Abgeordneten, Vorschlägen für eine einseitige atomare Abrüstung der USA mit Vorsicht zu begegnen. Es müsse auch in der Öffentlichkeit Klarheit über das chinesische Atomarsenal herrschen.

Kritik an Taiwan

An Taiwan richtete Hu die Warnung, von weiteren Unabhängigkeitsbestrebungen abzusehen. China werde es niemals zulassen, dass "irgendjemand oder irgendeine Macht" Taiwan von seinem "Mutterland" abtrenne. Zugleich sprach sich Hu dafür aus, die 2008 wieder eingeleitete Annäherungspolitik fortzusetzen. Peking betrachtet Taiwan, wohin sich Diktator Tschiang Kai-schek nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten 1949 zurückgezogen hatte, bis heute als festen Bestandteil Chinas.

Der Parteitag wird von einem starken Aufgebot an Sicherheitskräften begleitet. Der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge wurden vor dem Parteitag mindestens 130 Menschen verhaftet oder unter Hausarrest gestellt. Ein AFP-Journalist berichtete am Donnerstag von zwei älteren Frauen, die abgeführt wurden, als sie vor der Halle des Volkes Petitionen gegen Fehlverhalten örtlicher Politiker vorlegen wollten. In einer nahegelegenen U-Bahn-Station wurde eine Gruppe von bis zu 30 Menschen abgeführt, die ebenfalls Petitionen abgeben wollten.