Man hatte das Gefühl, der ÖVP fehlt selbst bei schwächelnden Gegnern der Zug zum Tor: Dann entwickeln Sie mit dem Thema Steuerreform einmal diesen Zug zum Tor und werden von Ihrem Parteichef zurückgepfiffen. Wie geht's Ihnen dabei?

MARIA FEKTER: Das war kein Zurückpfeifen und, beim Fußball bleibend, auch kein Rückpass. Wir müssen den Mittelstand und Familien durch eine Steuerreform entlasten, aber wir müssen uns das auch leisten können.

Apropos Leistung: Sie wollten mit dem Transferkonto den Förderdschungel durchforsten. Um das Projekt ist es still geworden?

FEKTER: Im Gegenteil, wir haben das Transparenzportal gerade im Parlament beschlossen. Die Ministerien liefern ihre Daten, mit den Ländern haben wir eine 15a-Vereinbarung. Salzburg bietet auf Knopfdruck eine Übersicht, was es an Förderungen gibt. Im Gegenzug ist einsehbar, wer welche Förderungen bekommen hat.

Das ist Ihre Idealvorstellung für ganz Österreich?

FEKTER: Ja. Damit will ich weg von dieser Firmgöd-Mentalität, wo man die Menschen wie Almosenempfänger kommen lässt und die Politik gibt ihnen halt ein bisserl was. Das ist nicht mehr zeitgemäß, die Menschen sollen sehen, was ihnen zusteht. Aber wir müssen auch den Förderdschungel durchforsten: Es gibt in Bund, Ländern und Gemeinden mehr als 50.000 Förderansätze, Doppel- und Dreifachförderungen.

Sie haben keine Sanktionsmöglichkeit, wenn Länder und Gemeinden ihre Daten nicht liefern?

FEKTER: Nein, ich bin auf den Goodwill angewiesen.

Zur Steuerreform: Eine Gegenfinanzierung über Vermögenssteuern, zum Beispiel auf Vermögen von mehr als einer Million Euro wie von der SPÖ gefordert, lehnen Sie ab. Gefällt Ihnen die Rolle als Protektorin der Superreichen?

FEKTER: Es geht nicht um Superreiche. Jeder Mittelbetrieb mit ein wenig Betriebsanlagevermögen ist schnell bei dieser Summe.

Könnte man nicht Betriebs- und Privatvermögen unterscheiden?

FEKTER: Wertpapiere, Sparbücher und Grund und Boden sind schon besteuert, was bleibt übrig? Bilder und Teppiche in den Haushalten, die vielleicht etwas wert sind. Das ist die Schnüffelsteuer, wo die Finanzfahnder in privaten Haushalten nachschauen kommen. Da mache ich nicht mit.

Ein Beispiel: In Oberösterreich hat ein findiger Steuerberater Boehler-Uddeholm gekauft, mit rund 400 Millionen Gewinn nahezu steuerfrei verkauft und jetzt kauft er das ganze Mühlviertel auf. Ist das gerecht?

FEKTER: Wir sind nicht im Ostblock, dass ich als Finanzministerin planwirtschaftliche Spiele machen kann. Wenn jemand aus Investitionen Gewinn macht, versteuern wir diese Erträge. Bei Grund und Boden wird die Immosteuer fällig, bei Wertpapieren die Wertpapiersteuer. Wenn jemand Häuser kauft, werden Miet- und Pachterträge versteuert. Die Erträge sind lückenlos besteuert. Eine Steuer auf Substanz ist ökonomischer Unsinn.

Wie also eine Steuerreform gegenfinanzieren?

FEKTER: Es gibt kreative Ansätze, Parteichef Michael Spindelegger wird unser Modell präsentieren.

Jeder vernünftige Haushalt kürzt Ausgaben, wenn er mit dem Geld nicht auskommt. Österreich dagegen macht im Jahr mit den höchsten Steuereinnahmen immer noch neue Schulden. Warum?

FEKTER: Wir haben einen Pfad, der bis 2016 Richtung Nulldefizit geht. Wir kürzen um 27 Milliarden Euro. Wir machen aber keine Vollbremsung, die das Wachstum abwürgt, sondern wir kürzen bei den Kostentreibern: Pensionen, Gesundheit.

Im Sommer hat es zwischen Ihnen und Parteichef Spindelegger schon einen Knatsch gegeben: Wegen Überlegungen, wonach er das Finanzministerium übernehmen wollte und Sie an die Spitze des Parlamentsklubs wechseln sollten. Ist das ausgeräumt?

FEKTER: Ich habe vor dieser Diskussion gesagt, dass ich eine loyale Mitarbeiterin bin und der Chef sein Team gestalten soll, wie er es für richtig hält. Ich habe bisher immer das gemacht, was man mir umgehängt hat. Was ich ihm dazu gesagt habe war, dass ich es nicht für klug halte, wenn er sich das Megaressort Finanzen aufhalst.

Aber Sie hätten Platz gemacht?

FEKTER: Ich bin eine glühende Parlamentarierin, ich hätte auch das gemacht.

Es gab damals auch Gerüchte, dass Sie die Partei übernehmen?

FEKTER: Blödsinn. Ich habe meine beiden Vorgänger mit der Dreifachbelastung Parteichef, Vizekanzler, Finanzminister erlebt, das ist nicht erstrebenswert. Finanzminister ist ein mörderischer Fulltime-Job.

Die ÖVP liegt in den Umfragen noch hinter dem historisch schlechten Wahlergebnis von 2008. Warum?

FEKTER: Es gibt mehr Mitbewerber. Aber ich bin überzeugt, dass unsere seriöse, Sacharbeit sich am Ende auszahlen wird. Ab und zu schießen wir uns auch ein Eigentor, das gebe ich zu.

Zum Beispiel?

FEKTER: Die Bundeshymnen-Debatte im Vorjahr war nicht unbedingt notwendig. Und die Personaldebatte im Sommer haben wir zu spät eingefangen, das habe auch ich unterschätzt.