Das neue griechische Sparprogramm in Höhe von mehr als 11,5 Milliarden Euro ist auf der Zielgeraden. Am Sonntagabend planten die Chefs der drei Koalitionsparteien in Athen Beratungen über die harten Sparmaßnahmen. Am Nachmittag stand ein Treffen der Chefs der Geldgebertroika mit dem griechischen Finanzminister Ioannis Stournaras auf dem Programm. Opposition und Gewerkschaften gingen am Wochenende auf die Straßen, um das Sparprogramm zu verhindern.

Das Sparprogramm soll nach Informationen aus Kreisen des Finanzministeriums spätestens kommenden Freitag stehen. Die Opposition und die Gewerkschaften mobilisierten am Samstagabend in der griechischen Hafenstadt Thessaloniki mehrere Tausend Menschen. Die Demonstranten warfen dem konservativen Regierungschef Antonis Samaras und seiner Koalitionsregierung vor, "den Befehlen der Geldgeber-Troika zu gehorchen und das Land und seine Menschen in die Katastrophe zu führen".

Samaras warnt seinerseits: Sollte Griechenland den Euroraum verlassen, würde das Land "finanziell sterben", meinte er. Er warb für die Zustimmung seiner Landsleute für das neue Sparpaket. "Dies werden die letzten Kürzungen sein", sagte er bei der Eröffnung der größten Messe Griechenlands in der Hafenstadt Thessaloniki. Er gab aber zu, dass einige Maßnahmen "ungerecht und sehr hart" sein würden. Er versprach, sie zurückzunehmen, sobald wieder das Land auf Kurs ist.

Am Sonntagabend war ein Treffen von Samaras mit den Chefs seiner Koalitionspartner, den Sozialisten, Evangelos Venizelos, und den Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, vorgesehen. Die beiden linken Koalitionspartner hatten erklärt, sie wollten Kürzungen der Renten und Löhne von Staatsbediensteten verhindern. Allerdings hatten beide auch betont, sie unterstützen die Regierung in ihrem Kampf gegen den Staatsbankrott. Am Montag wollte sich Samaras mit der Troika treffen. Am Dienstag ist in Frankfurt ein Treffen mit dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, geplant.

Samaras kann auf Angela Merkel zählen. Die deutsche Bundeskanzlerin ist nach Informationen des "Spiegels" zu der Überzeugung gelangt, dass Griechenland im Herbst auf keinen Fall den Euro aufgeben dürfe. "Wir müssen eine Lösung finden", soll sie vergangene Woche im kleinen Kreis gesagt haben. Die Kanzlerin und ihre Berater befürchteten, ein Ausscheiden Athens könne einen ähnlichen Domino-Effekt auslösen wie die Pleite der Lehman-Bank 2008.

Allein Deutschland müsse dann rund 62 Milliarden Euro abschreiben. Auch die politischen Kosten eines griechischen Euro-Austritts schätze Merkel als zu hoch ein: Deutschland müsse womöglich Länder wie Italien und Spanien durch eine gemeinsame Schuldenunion stabilisieren, befürchteten Merkels Berater laut "Spiegel".

In Thessaloniki waren nach Schätzungen der Polizei rund 15.000 Menschen aus Protest gegen das neue Sparprogramm auf die Straßen gegangen. Die Veranstalter - Gewerkschaften und Opposition - sprachen von 30.000 Menschen. "Umsturz! Entweder die oder wir", hieß es auf Transparenten. "Es reicht. Wir können nicht mehr", skandierten die Menschen. Aufgebrachte Bauern warfen Dutzende Wassermelonen auf die Straße. Damit protestierten sie gegen die niedrigen Preise.

Unter den Demonstranten war auch Alexis Tsipras, Vorsitzender des Bündnisses der radikalen Linken (Syriza), der größten Oppositionspartei in Griechenland. Auch Polizisten und Feuerwehrleute nahmen an den Demonstrationen teil. Nach dem Ende der Demonstration kam es zu Randalen. Rund 200 Autonome warfen Steine auf die Polizei und zündeten einige Mülleimer an. Die Beamten setzten begrenzt Tränengas und Blendgranaten ein, um die Randalierer auseinander zu treiben. Es wurden rund 30 Menschen vorübergehend festgenommen. Die Lage beruhigte sich schnell, berichteten Reporter vor Ort.