Die etwa 45 Gegner von Machthaber Bashar al-Assad sprechen sich darin für die baldige Einsetzung einer verfassunggebenden Versammlung und die Auflösung aller Geheimgefängnisse aus. Wörtlich heißt es: "Aus einem Staat, der in Willkürherrschaft von Einzelnen regiert wird, muss in Syrien ein Rechtsstaat werden."

Noch vor der Vorstellung des Plans zu einem Neuanfang in Syrien forderte der syrischstämmige, deutsche Grünen-Politiker Ferhad Ahma eine Unterstützung der Aufständischen mit Waffen. Vor allem die jüngsten Massaker durch Regierungskräfte ließen daran zweifeln, dass die Führung in Damaskus zu einem politischen Dialog bereit sei, sagte Ahma am Dienstag im Deutschlandradio Kultur. "Daher muss man auch alle anderen Optionen in Erwägung ziehen und die internationale Staatengemeinschaft auch an ihre Verpflichtung erinnern." Dazu zähle auch die Unterstützung der Opposition mit Waffen, sagte er.

Alle sollen einbezogen werden

Ahma ist Mitglied des oppositionellen Syrischen Nationalrats und gehört zu den Mitverfassern des politischen Plans für die Zeit nach einem möglichen Sturz von Assad. Der Plan wurde in den vergangenen Monaten in Berlin ausgearbeitet. Künftig sollten in jeden politischen Prozess alle Ethnien und Religionen einbezogen werden, sagte Ahma im Deutschlandradio Kultur. Syrien müsse allen Syrern gehören und nicht wie derzeit nur einer einzigen Partei.

Die in "The Day After" festgelegten Empfehlungen sollen Ausgangspunkt für eine Debatte über die Schaffung von Stabilität, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit in der Zeit nach Assad sein. In dem Dokument wird unter anderem die Schaffung einer neuen nationalen Identität auf Grundlage der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen in Syrien gefordert. Weitere Ziele sind Konsens über demokratische Prinzipien sowie die Schaffung von Sicherheitskräften, die die Rechte aller Menschen wahren. Auch ein unabhängiges Gericht zur Verurteilung ranghoher Beamter der derzeitigen Regierung ist vorgesehen.

Geheime Treffen

Das Papier wurde seit Beginn des Jahres bei insgesamt sechs Treffen in Berlin erarbeitet. Beteiligt waren das wichtigste Oppositionsbündnis, der Syrische Nationalrat (SNC), aber auch andere Kräfte aus unterschiedlichen politischen, ethnischen und religiösen Lagern. Aus Sorge vor dem syrischen Geheimdienst wurden die Treffen geheim gehalten.

Ausdrücklich bekennen sich die etwa 45 Regimekritiker zu den allgemeinen Menschenrechten und zu Demokratie. Wörtlich heißt es: "Aus einem Staat, der in Willkürherrschaft von Einzelnen regiert wird, muss in Syrien ein Rechtsstaat werden." Der Exil-Syrer Amr al-Azm sagte bei der Vorstellung des Papiers, Ziel des Projekts sei es, die Bildung einer Übergangsregierung vorzubereiten.

Mit dem Plan will die Gruppe auch dem Vorwurf der Zerstrittenheit entgegentreten, dem sich die syrische Opposition immer wieder ausgesetzt sieht. Auf eine Prognose, wann es mit dem Assad-Regime zu Ende sein könnte, legt sich darin niemand fest. Syrien werde danach jedoch vor großen Herausforderungen stehen, sowohl auf wirtschaftlichen und sozialem Gebiet als auch in Sicherheitsfragen.

Reformen

In dem Plan geht es auch um Reformen für Armee, Justiz und Sicherheitsapparat. Es heißt darin: "Die neue politische Führung und Regierung muss mit einem klaren Bekenntnis zu politischen Grundsätzen und Verfahren zeigen, dass sie mit dem autoritären Erbe bricht." Die erst heuer verabschiedete neue Verfassung müsse wieder abgeschafft und durch einen vorübergehenden Gesetzesrahmen ersetzt werden, der allen Syrern die gleichen Rechte garantiert. Grundlage dafür könnte die alte syrische Verfassung von 1950 sein.

Die Arbeit der Oppositionellen wurde von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gefördert, einer der wichtigsten außenpolitischen Denkfabriken in Deutschland. Zur Finanzierung trugen die Außenministerien der Schweiz und der USA sowie zwei regierungsunabhängige Organisationen aus den Niederlanden und Norwegen bei. Das deutsche Auswärtige Amt war ebenfalls von Beginn an in die Gespräche eingeschaltet und half beispielsweise bei der Erteilung von Einreise-Visa. Es gab jedoch kein Geld.

Der in Frankreich lebende Regimekritiker Salam Kawakibi sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), der Fahrplan solle Grundlage für eine "offene Diskussion zwischen allen Syrern" seien. "Das Projekt muss jetzt für alle Syrer zur Debatte gestellt werden - auch der schweigenden Mehrheit und denen, die sich im Apparat befinden", sagte Kawakibi, der in Paris als Politologie-Professor tätig ist.