Frank Stronach, aktuell damit beschäftigt, williges Personal für seine politische Neugründung anzuwerben, sieht sich selbst am Puls der Zeit: Da war es für ihn naheliegend, sich auch auf "Puls 4" erwartungsgemäß kritischen Fragen zu stellen. Er tat es in der (schauderhaft getitelten) Sendung "Pro und Contra - der AustriaNews Talk" und saß Nationalbankchef Claus Raidl gegenüber. Man duzte sich, ansonsten gab es kaum Freundlichkeiten. Ex-Europaabgeordnete Karin Resetarits diskutierte ebenfalls mit, als es darum ging, den Milliardär aus eigenen Stücken auf Polittauglichkeit abzuklopfen.

Politiker oder nicht?

Zunächst war Stronach wichtig festzuhalten, eben "kein Politiker" zu sein: Es gehe ihm vielmehr um eine "Bewegung, die die Missstände und das System in Österreich ändern wolle". In Summe war der Auftritt die nun schon gewohnte wackelig-resolute Mischung aus spät berufenem Volksvertreter und lang gedientem Manager eines Weltkonzerns. Er duldet Widerspruch der Kritiker dabei so wenig wie er diese seinen Mitarbeitern durchgehen ließ: Ein Dogmatiker seiner eigenen Lebenserfahrung, der es allen zeigen will, gleichzeitig aber den Eindruck erwecken möchte, sich selbst nichts mehr beweisen zu müssen. Er "kaufe" keine Nationalratsabgeordnete für seine Bewegung und gebe nur sein "eigenes Geld aus", reagierte Stronach auf dahingehende Kritik. Sehr wohl könne er es sich vorstellen, "als Oppositionspolitiker im Hohen Haus zu sitzen", nahm er es mit seiner Definition als "Nicht-Politiker" dann doch nicht so genau. Was die Führung eines Staates und einer Firma verbinde, sei die Wirtschaft - und die sei für alle wichtig.

Was die Missstände in Österreich anbelangt, setzte Stronach auf die vielen ohnehin ins Auge stechenden Verdächtigen: Proporz und "Vitamin B" bei Posten-Besetzungen - so etwas wie eine österreichische Lebenseinstellung - gehen für ihn bis zum "System der Inzucht". Und weiter: "Wir haben 22 Sozialversicherungen - das ist Verwaltung noch und noch. Eine Sozialversicherung würde genügen. Das sind Machterhalter". Stronach rennt mit Botschaften wie diesen offene Türen ein - dass ihn der Wähler deshalb dauerhaft in sein Haus lässt, wurde in der Sendung vielfach bezweifelt. Das Thema Euro wurde natürlich auch diskutiert: Karin Resetarits, einst selbst für Brüssel in politischer Mission unterwegs, verteidigte die für Stronach alles andere als zielführende Krisenhilfe für Europas Armenhäuser. Schnell war man beim Thema "Euro oder Schilling", Solidarität oder Selbstschutz: Stronach hielt fest, dass er keine Rückkehr zum Schilling fordere - dies sei für ihn aber eine Chance, der Euro-Krise zu entkommen. Auch die Spaltung in Nord- und Südeuropa (zuletzt auch von BZÖ-Chef Josef Bucher angedacht) sei eine Option - sich jetzt auf den Euro-Zerfall vorzubereiten, bereits eine Notwendigkeit.

Und der Wählermarkt?

Dafür, dass angeblich keine der Parlamentsparteien Stronach ernst nimmt, holt er sich nach wie vor erstaunlich viel Häme ab - das war auch in dieser Sendung nicht anders: Raidl konstatierte ihm "bald entzaubert" zu sein. "Politisch" sei er "eine Enttäuschung", glaubte der Nationalbankchef schon jetzt zu wissen: Wäre dem so, würde Stronach freilich mit den anderen Parteien im Land in einem großen Boot sitzen, schenkt man Meinungsforschern Glauben. Raidls Ansicht, Stronachs Wählermarkt sei mit FPÖ und BZÖ bereits "zweifach besetzt", klang schon eher nach Faktum als nach privater Meinung. Wen kann Stronach also nun abholen? Er bedient sich in seiner Sprache des Öfteren und ungeniert aus dem Fundus, zu dem auch die rechtsdrehenden Parteien in Österreich greifen. Dass er auch aus diesem Pool von Wählern schöpfen will, ist unumstritten - ein grüner Wähler dürfte mit Stronach eher wenig anfangen können. Protestwähler und Nichtwähler könnten dem Austrokanadier schon eher ihr Vertrauen schenken. Laut aktueller "Market-Umfrage" wünschen sich gleich 34 Prozent der Wahlberechtigten, dass er nach der nächsten Nationalratswahl 2013 im Parlament Platz nimmt.

Auffällig für jene, die sich auch im Hochsommer politische Fragestunden im Fernsehen antun wollen, ist eines: Was an frischen und glaubwürdigen Botschaften vermisst wird, wird durch verrohten Umgangston der Gesprächspartner ersetzt. Ob man nun zum "Sommergespräch" lädt oder "Austria über News talken" lässt: Es war schon einmal einfacher sich für Politik zu interessieren, wenn Diskussionssendungen zu rhetorisch aufgerüsteten Grabenkämpfen verkommen. Wenn die eine Seite nicht mehr zuhören kann und die andere nicht ausreden lassen will, sind sowohl der Aus-Knopf an der Fernbedienung als auch der eine oder andere Nichtwähler mehr gewiss.