H err Haselsteiner, bitte um drei Stichwörter, die die derzeitige politische Lage in Kärnten beschreiben.

HANS-PETER HASELSTEINER: Die Lage lässt sich nicht in nur drei Stichwörtern beschreiben, dazu ist sie viel zu komplex. Aber eines sollte man bei allem berechtigten Entsetzen über die Geschehnisse, die allerdings keine Überraschung waren, sondern die Bestätigung einer lange gehegten Vermutung, nicht vergessen: Kärnten wird derzeit weit unter seinem Wert geprügelt. Das Land ist nicht der Hotspot für Korruption, auch wenn der ehemalige Landeshauptmann Haider in diesem Punkt eine etwas andere Art des Zugangs gewählt hat. Vergleichbare Vorfälle, sprich illegale oder halb legale Parteienfinanzierung, gab es sicher auch in anderen Bundesländern und wohl auch auf Republikebene.

Sie sagen "gab".

HASELSTEINER: Weil es in Zukunft anders sein wird, aber dieses Bewusstsein, beziehungsweise Unrechtsbewusstsein, hat sich erst in den letzten Monaten durch die diversen Vorkommnisse in Österreich herauskristallisiert. Ich jedenfalls bin überzeugt, dass der Reinigungsprozess in Kärnten funktionieren wird.

Wie kann der aussehen?

HASELSTEINER: Die Karten werden durch Neuwahlen nicht nur neu gemischt, sie werden neu verteilt. Die Verantwortungen werden neu geregelt. Das muss nicht zwangsläufig einen politischen Wechsel bedeuten, auch wenn ich ihn annehme. Doch selbst wenn Dörfler und die FPK noch eine Chance bekommen, werden sie es mit neuen Leuten und einer grundsätzlich neuen Einstellung angehen müssen. Toleranz gibt es jedenfalls keine mehr.

Sie schließen eine weitere Ära Dörfler tatsächlich nicht aus?

HASELSTEINER: Nicht völlig, aber ich denke doch, dass die SPÖ die Gunst der Stunde nutzen und mit Respektabstand neue Nummer eins werden wird. Aber trotzdem: Vielleicht finden FPK und ÖVP einen Dritten, den sie ins Boot holen und es kommt zu einer Neuauflage. Alleine aber wird es nicht machbar sein, denn zu zweit kommen sie sicher nicht über 50 Prozent.

Wann wird Ihrer Einschätzung nach gewählt?

HASELSTEINER: Die FPK wird sich einer Neuwahl in diesem Herbst nicht verschließen können. Es gibt keine wirklich zwingenden Argumente dagegen.

Glauben Sie, dass sich eine rot-grüne Partnerschaft ausgehen könnte?

HASELSTEINER: Das halte ich auch für nicht wahrscheinlich, also wird es wohl eine Dreiparteien-Koalition geben müssen.

Fragt sich, wer der Dritte sein könnte . . .

HASELSTEINER: Das ist vollkommen offen. Aber noch einmal: Es wird nicht sinnvoll und nicht möglich sein, die FPK auszugrenzen, wenn sie entsprechend stimmenstark ist.

Als Tiroler, der in Kärnten ansässig ist, haben Sie immer den mangelnden Liberalismus in diesem Bundesland beklagt. Beschreiben Sie die Kärntner Denkweise aus Ihrer Sicht.

HASELSTEINER: Die langen Jahre Haider und der Umstand, sich - wie auch im Westen Österreichs - von Wien lossagen zu wollen, ergibt eine Melange, die sich für das Land als nicht sonderlich günstig herausgestellt hat. Und wenn es dann noch einen derart genialen Verführer, einen derart begnadeten Populisten wie Jörg Haider gibt, der sich diese Ambivalenz zunutze macht, grenzt man sich in gewisser Weise eben ab - "Mia san mia". Haider war wirtschaftlich übrigens nie von der Politik abhängig, aber dass eine Partei finanziert wird, da stand er auf dem Standpunkt, dass das moralisch nichts Verwerfliches sei, geschweige denn etwas Verbotenes.

Part of the game, quasi.

HASELSTEINER: Ja, part of the game. Und das gibt es seit Jahrzehnten. Nicht nur beim Herrn Scheuch. Und nicht nur in Kärnten. Und deshalb schmerzt es besonders, wenn jetzt nur Kärnten in einem derart schiefen Licht strahlt.

Viele Politexperten sind der Überzeugung, dass bei Neuwahlen eine neue Partei große Chancen hätte. Läge es für einen Hans-Peter Haselsteiner nicht auf der Hand, sich die Politik noch einmal anzutun?

HASELSTEINER: Die Antwort liegt schon in der Frage: Ich tue es mir nicht noch einmal an. Aber es stimmt schon, Kärnten bräuchte eine liberale Partei, wie sie einst das Liberale Forum mit Heide Schmidt und mir war. Aber der Schritt zwischen Bedarf und Umsetzung ist es ein großer. Ich persönlich habe meinen Frieden mit der Politik gemacht.

Fänden sich nun Personen und gründeten eine liberale Partei - würden Sie die unterstützen?

HASELSTEINER: Nicht in der Form, in der ich das Liberale Forum unterstützt habe. Das wäre für diese Partei auch nicht gut, denn dann hieße es wieder, dass sich der HPH eine Partei hält.

Ist Kurt Scheuch geringeres oder größeres Übel als sein Bruder Uwe?

HASELSTEINER: Personen über die Medien auszurichten, das liegt mir fern. Tatsache ist, dass er sich bewähren muss. Er hat ein sehr schwieriges Erbe angetreten, denn die FPK steht vor dem Problem, möglicherweise wirklich ernsthaft beschädigt zu werden.

Wie bewerten Sie das bisherige Auftreten vom neuen ÖVP-Chef Gabriel Obernosterer?

HASELSTEINER: Ich kenne ihn nur aus den Medien, aber er hat das einzig Richtige getan und sich von allem und jedem getrennt, was angreifbar wäre. Dafür ist ihm Respekt zu zollen.

Die Grünen in Kärnten?

HASELSTEINER: Neben der SPÖ der große Nutznießer im Falle von Neuwahlen.

Würde am kommenden Sonntag gewählt: Ihre Prognose?

HASELSTEINER: Die SPÖ schlägt die FPK überzeugend, Grün und Schwarz liegen gleichauf.

Schwarz-Rot-Grün? Schließen sie das aus?

HASELSTEINER: Ich schließe in der Politik rein gar nichts aus. Ich habe seinerzeit ja tatsächlich auch daran geglaubt, dass eine Partei außerhalb des Verfassungsbogens (FPÖ, Anm. der Redaktion) von der ÖVP als staatstragende Partei niemals als Unterstützerpartei genommen werden könnte. Aber wenn man davon ausgeht, dass die Wahrheit eine Tochter der Zeit ist, und die Politik daher jede Beliebigkeit rechtfertigt oder ermöglicht, darf man durch nichts, aber auch gar nichts überrascht sein.