Der Protokollchef des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, Moheddin Muslimani, hat bestritten, zu den Aufständischen übergelaufen zu sein. "Diese Berichte sind ohne Grundlage, ich erfüllen meine Pflicht im Präsidentenpalast", zitierte ihn die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA am Donnerstag. Wenige Stunden zuvor hatte der saudische Nachrichtensender Al-Arabiya berichtet, Muslimani habe sich der Opposition angeschlossen.

Heftige Kämpfe

Syrische Regierungstruppen und Aufständische haben sich am Donnerstag erneut heftige Kämpfe um die nördliche Metropole Aleppo geliefert. Unterdessen meldeten arabische Medien, dass der Protokollchef von Präsident Bashar al-Assad zu den Aufständischen übergelaufen sei. Assad selbst ernannte am Donnerstag einen neuen Ministerpräsidenten.

Der bisherige Gesundheitsminister Wael al-Halki soll auf Riyad Hijab folgen, der sich vor einigen Tagen auf die Seite der Aufständischen geschlagen und das Land verlassen hatte. Premier Hijab hatte seine Desertion "von diesem terroristischen Regime, das für zahlreiche Morde verantwortlich ist" am Montag erklärt. Am Donnerstag folgte Assads Protokollchef Moheddin Muslimani. Dieser wolle seine Abwendung vom Regime per Videobotschaft bekanntgeben, zitierte der Fernsehsender Al-Arabiya einen Kommandanten der Freien Syrischen Armee.

Nach eigenen Angaben zogen sich die Aufständischen der Freien Syrischen Armee (FSA) am Vormittag in Aleppo aus Teilen des strategisch wichtigen Stadtviertels Salaheddine zurück. "Wir haben einen taktischen Abzug aus Salaheddine vollzogen", wie ein Kommandant der FSA am Mittwoch telefonisch der Nachrichtenagentur AFP mitteilte. Die Truppen von Assad rückten nun in das Viertel vor. Die Regimetruppen hatten am Vortag einen neuen Anlauf gestartet, um die Aufständischen aus der seit fast drei Wochen umkämpften Millionenstadt zu verdrängen. Dabei setzten sie auch schwere Artillerie und Kampfflugzeuge ein. Beide Konfliktparteien wie Beobachter sehen im Ausgang der Schlacht um Aleppo eine Vorentscheidung in Hinblick auf das Schicksal des Regimes von Assad. Nach Angaben der syrischen Menschenrechtsbeobachter in London wurden in dem Bürgerkriegsland allein am Mittwoch 170 Menschen getötet, davon 43 in Aleppo.

Syrienkonferenz

Auf Einladung der iranischen Führung wollten am Donnerstag in Teheran mehrere Staaten über die Lage in Syrien beraten. Zunächst war unklar, wer genau an der Konferenz teilnimmt, die am Abend beginnen sollte. Eingeladen waren Außenminister von Staaten, die nach Einschätzung des Iran eine "realistische Einstellung" zur Krise in Syrien haben, praktisch aber das Assad-Regime in Damaskus unterstützen. Von den politisch maßgebenden Protagonisten in der Syrien-Krise hatte zunächst nur Russland zugesagt. Es wollte seinen Botschafter in Teheran schicken.

Das iranische Außenministerium dementierte unteressen, dass von syrischen Rebellen entführte Iraner tot seien. "Die veröffentlichten Berichte hierzu sind falsch", sagte ein Mitarbeiter des Ministeriums. Alle 48 Entführten seien am Leben und wohlauf. Am Montag hatten die Rebellen mitgeteilt, drei der Iraner seien bei einem Angriff der Regierungstruppen in der Provinz Damaskus getötet worden. Sie drohten damit, auch die anderen zu töten, sollte die Armee ihre Angriffe nicht beenden. Die Islamische Republik räumte am Mittwoch erstmals ein, dass unter den Geiseln auch ehemalige Soldaten und Mitglieder der Revolutionsgarden sind. Zunächst hatte der Iran angegeben, bei den Entführten handle es sich um Pilger.

Die Zahl syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge in der Türkei ist am Donnerstag erstmals auf mehr als 50.000 gestiegen. Wegen der Gewalt seien seit dem Vortag 2.219 neue Flüchtlinge über die Grenze gekommen, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi unter Berufung auf das Krisenzentrum der Regierung. Die Flüchtlinge sind in acht Zeltstädten sowie einem aus Containern errichteten Lager untergebracht.

Die Regierung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan unterstützt die Exilopposition gegen Assad und duldet auch die Führung der bewaffneten Regierungsgegner auf türkischem Boden. Nach Angaben eines Oppositionspolitikers werden außerdem Waffen und Munition in türkischen Krankenwagen über die Grenze nach Syrien geliefert. Auf dem Rückweg transportierten die Fahrzeuge verwundete Kämpfer der bewaffneten syrischen Opposition in die Türkei, sagte der Abgeordnete Mevlüt Dudu türkischen Medien vom Donnerstag. Ankara betont aber, die Türkei schicke weder Waffen noch bewaffnete Gruppen ins Nachbarland.

Eine Lösung für den Syrien-Konflikt ist nach den Vorstellungen des Jesuitenpaters Paolo Dall'Oglio ein neutraler und demokratischer Staat nach dem Vorbild Österreichs. Syrien dürfe nicht als Terrain zur Austragung regionaler und geopolitischer Konflikte höherer Ebenen genutzt werden, warnte der im Juni von Syrien ausgewiesene Leiter des Klosters Deir Mar Musa al-Habashi laut Kathpress. "Wir wollen ein Syrien, das bei den geopolitischen Spielen nicht mitmacht und neutral bleibt, gleichzeitig aber bereit ist, seine Rolle mit dem interreligiösen Miteinander zu erfüllen, das es auszeichnet", sagte der Jesuit im Interview mit "Radio Vatikan".