Das in der letzten Zeit viel gebeutelte, gescholtene und herumgescheuchte Kärnten "is lei ans", "Österreich" steht aber für so einiges: Für ein Land, in dem das der Beamtenschaft treu ergebene Volk in nicht allzu ferner Vergangenheit noch Stempelmarken auf seine Dokumente kleben musste. Für ein Land, in dem Titel für viele noch immer wichtiger sind als der Vorname eines Menschen oder seine tatsächlichen Qualitäten: Vom Bachelor bis zum Magister, vom Professor bis zum Hofrat, vom Kammersänger bis zum Sektionschef - es muss alles seine Richtigkeit haben. Für ein Land, in dem man glaubt, auf dem Standesamt "Studium" und "Promotion" absolvieren zu können, um fortan als "Frau Doktor" (und nicht bloß als Ehefrau eines Doktors) angesprochen zu werden.

Überaus begehrter Superpass

Vor allem ist Österreich aber das Land, in dem man es sich sehr gerne so richtet, wie man es selbst für gerade richtig hält: Die hohe Politikerschaft - augenblicklich in der Gunst der Bürger irgendwo zwischen Steuernachzahlungen, Fußpilz und Hagelschlag anzusiedeln - verkehrt im Regierungsamt mit schicken und in mancherlei Hinsicht sehr vorteilhaften Diplomatenpässen. Doch nicht nur in Amt (und vielleicht auch Würden) stehende Volksvertreter taten es am liebsten "mit". Nein - das wäre nicht Österreich: Wer vor Jahr(zehnt)en bereits sein Amt abtrat (oder abtreten musste), war ebenfalls noch als "Diplomat" in ganz eigener Mission unterwegs und hatte den Superpass.

Doch nun soll damit endlich Schluss sein: ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger, der seinen eigenen Parteimitgliedern bereits eine Moralkur und Transparenz-Packungen verordnete, gibt sich unerbittlich: 900 Diplomatenpässe werden eingezogen, das Dokument wird in Zukunft nur noch echten Diplomaten und aktiven Regierungsmitgliedern vorbehalten sein. Sapperlot - das lässt aufhorchen! Auch Familienmitglieder von Politikern, die sich schon längst im Ausgedinge befinden, dürfen sich fortan also nicht mehr zum Diplomaten "upgraden" lassen. Sie müssen ihrem Pass den Laufpass geben. Nichts mehr also mit dem schicken "Frau Diplomat" - das musste ja einmal passieren.

"Symbol der Wertschätzung"

Per Brief vom 25. Juli forderte das Außenministerium dazu auf, den Diplmatenpass bis spätestens 25. Oktober zu retournieren. Drei Monate also, um sich mit dem Unabänderlichen abzufinden und Frieden zu schließen - alleine: Obwohl das Dokument ohnehin seine Gültigkeit verlieren wird, fällt der Abschied vielen nach wie vor so schwer. Es tut so weh, wenn man verliert. Bislang sollen dem Vernehmen nach erst 30 Personen der Order nachgekommen sein. Vor einigen Monaten noch zeigte sich z.B. ein ehemaliger österreichischer Bundeskanzler empört: Man wolle ihm ein "Symbol der Wertschätzung" wegnehmen - immerhin wurde dann aber in diesem Fall zähneknirschend ein ganz normaler Pass beantragt. Ist eben doch kein "Lapperl" so ein Lappen.

Vollautomatisch garantierte Privilegien für einige Auserwählte (und die Ihren) waren selten ungenießbarer als heute, dämmert es auch in den zuständigen Partei- und Amtsstuben. Der Kuriositätenstadl, der Österreich manchmal ist, absolvierte eine weitere kleine Etappe am Weg zum Erwachen. Mögen recht rasch noch viele weitere folgen.