Das Blutvergießen in Syrien geht offenbar weiter. Mindestens 20 Menschen seien Samstag früh beim Beschuss der südsyrischen Stadt Daraa (Deraa) getötet worden, berichtete der US-Fernsehsender CNN unter Berufung auf Oppositionelle. Dutzende seien verletzt worden. Frauen und Kinder seien unter den Opfern der Gefechte zwischen Regierungstruppen und Rebellen. UNO-Beobachter besuchten unterdessen den Schauplatz des jüngsten Massakers in der Provinz Hama.

Ein Aktivist sagte dem britischen Fernsehsender BBC, die Kämpfe dauerten an. Aus der Hauptstadt Damaskus berichteten Oppositionelle am Freitag von Explosionen und Gewehrfeuer. Am Freitag starben nach Angaben der örtlichen Koordinierungskomitees mehr als 50 Menschen bei Kämpfen.

Sorge vor Flächenbrand

Nach dem jüngsten Massaker wächst die Sorge vor einem Flächenbrand und dem Ausbruch eines Krieges in der ganzen Region. Der UN-Sicherheitsrat konnte sich trotz Mahnungen von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und dem Syriengesandten Kofi Annan nicht auf eine gemeinsame Haltung einigen. Russland und China verhindern nach wie vor Sanktionen gegen die Regierung von Bashar al-Assad. Annan warnte am Donnerstag vor einem ausufernden Regionalkrieg.

Bei ihrem Besuch am Ort des jüngsten Massakers in Syrien fanden die Beobachter der Vereinten Nationen ein Bild der Schreckens vor. In der Gemeinde Masraat al-Kobeir (Kubeir), wo syrische Regierungstruppen und Milizen nach Oppositionsangaben am Mittwoch dutzende Menschen getötet haben sollen, hätten sie blutige Hauswände gesehen und "einen starken Geruch von verbranntem Fleisch" wahrgenommen, teilte die UNO am späten Freitag in New York mit. Über die tatsächliche Zahl der Opfer könnten noch keine Angaben gemacht werden.

UN-Beobachter in Hama

Die UN-Beobachter hatten am Freitag zunächst das nahe Dorf Maasarat in der zentralsyrischen Provinz Hama, den zweiten Schauplatz des Massakers vom Mittwoch, besucht, bevor sie sich nach Al-Kubeir begaben. Am Donnerstag war die Mission unter anderem durch Beschuss daran gehindert worden, zu den Ortschaften vorzustoßen. In Maasaraf und Al-Kobeir sollen bei dem Massaker mindestens 55 Menschen getötet worden sein. Laut Augenzeugen wurden die sunnitischen Opfer von Milizen der Alawiten getötet, denen auch Präsident Al-Assad angehört.

Bei der Ankunft der mehr als 20 Beobachter in Al-Kobeir war das Dorf nach UN-Angaben verlassen. An manchen Stellen hätten in der Ortschaft noch Feuer gebrannt. Außerdem seien an Häusern Einschüsse von Raketen und großkalibrigen Waffen gefunden worden, teilte die UNO mit. Die syrische Regierung hatte jede Verantwortung für das Massaker von sich gewiesen und wie so oft "Terrorbanden" dafür verantwortlich gemacht. Erst vor gut zwei Wochen waren in der Stadt Hula bei einem Massaker mindestens 108 Menschen getötet worden.

Ein britischer Journalist erhob unterdessen schwere Vorwürfe gegen die syrischen Rebellen: Die Regierungsgegner hätten ihn in der Nähe der libanesischen Grenze in eine Falle gelockt, damit er von syrischen Regierungstruppen erschossen würde, erklärte der Chefkorrespondent von Channel 4 News, Alex Thomson, in seinem Blog. "Tote Journalisten sind nicht gut für Damaskus", schrieb er.

Zu dem Zwischenfall kam es nach Angaben von Thomson am Montag in der syrischen Stadt Kuzair (Kusair), etwa eine halbe Stunde Fahrt von Homs entfernt. Er, sein Fahrer, ein Dolmetscher und zwei weitere Journalisten wollten hinter die Regierungslinien zurückkehren, als die Rebellen sie in eine Sackgasse geführt hätten. Ein Schuss sei gefallen. Dem Wagen sei die Flucht gelungen.