Die syrischen Opposition hat nach dem jüngsten Massaker in der Provinz Hama ein militärisches Eingreifen der Vereinten Nationen gefordert. In einer Erklärung der Allgemeinen Kommission der Syrischen Revolution vom Donnerstag hieß es, ohne Zwangsmaßnahmen zum Schutz von Zivilisten nach Kapitel 7 der UNO-Charta könne das Blutvergießen nicht beendet werden. Am Mittwoch wurden in der syrischen Siedlung Al-Kubeir nach Rebellenangaben mindestens 80 Menschen getötet. Noch am heutigen Donnerstag soll in der Uno-Vollversammlung und im Sicherheitsrat über die Lage in Syrien beraten werden.

Ohne Zustimmung der Vetomächte Russland und China ist eine Resolution des Sicherheitsrates zu Syrien jedoch nicht möglich. Beide Staaten haben am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung mit den Staaten der Shanghai-Gruppe (Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan) erklärt, "eine militärische Intervention, einen erzwungene Machtübergabe oder unilaterale Sanktionen" klar abzulehnen und stattdessen zum Dialog mit Syrien aufgerufen.

Unwahrscheinlich scheint daher auch ein angeblich beim Treffen der Außenminister der Syrien-Freundesgruppe in Istanbul besprochener Vorschlag zu einer Resolution des UNO-Sicherheitsrates nach Kapitel VII Artikel 41 der UNO-Charta. Dieser sieht weltweite wirtschaftliche oder diplomatische Sanktionen "unter Ausschluss von Waffengewalt" vor.

Auf höchster Uno-Ebene diskutiert

Thematisiert wird die Lage in Syrien am Donnerstag auch auf allerhöchster Uno-Ebene durch den Sondergesandten Kofi Annan. Er informiert zunächst die Vertreter aller Uno-Mitgliedsstaaten über den Stand der Friedensbemühungen in einer Rede vor der Generalversammlung in New York. Anschließend steht der ehemalige Uno-Generalsekretär im Weltsicherheitsrat Rede und Antwort. Für 6. Juli ist in Paris das nächste Treffen der Syrien-Freundesgruppe geplant.

Nach Angaben von Regimegegnern hat die syrische Armee am Mittwoch die nur aus 25 Häusern bestehende Siedlung Al-Kubeir erst mit Panzern umstellt und eine Stunde lang beschossen. Anschließend habe man Milizionäre in die Siedlung geschickt, um die Überlebenden mit Messern zu massakrieren. Bei dem Überfall seien 38 Männer, 22 Kinder und 20 Frauen ums Leben gekommen. 30 der Männerleichen seien von den Milizionären abtransportiert worden. Die in London ansässige Oppositionsgruppe Syrian Observatory for Human Rights beschuldigte explizit die gefürchtete Schabiha-Miliz, die auch schon an dem Massaker in Hula maßgeblich beteiligt gewesen sein soll.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana dementierte die Berichte der Regimegegner und sprach von "bewaffnete Terrorgruppen", die den Ort überfallen und dort neun Zivilisten getötet hätten. Eine unabhängige Bestätigung für die Aussagen über die mutmaßlichen Verbrechen gab es aufgrund der vom syrischen Regime verhängten Mediensperre nicht. UNO-Militärbeobachter, die noch am Donnerstag nach Al-Kubeir gefahren sind, wurden laut Angaben von Aktivisten an einem Kontrollposten der Armee gestoppt.

US-Außenministerin Hillary Clinton hat unterdessen die jüngste Gewalt in Syrien als "schlichtweg skrupellos" bezeichnet. Syrien könne kein friedliches, stabiles und demokratisches Land werden, solange Präsident Bashar al-Assad an der Macht sei, sagte Clinton am Donnerstag in Istanbul. Auch der britische Premierminister David Cameron schloss sich der Kritik an: Sollte das neue Massaker bestätigt werden, müssten die Weltmächte "viel mehr unternehmen, um Syrien zu isolieren".