Beim bevorstehenden Gipfeltreffen zwischen der EU und Russland am Sonntag und Montag in Sankt Petersburg werde die EU-Spitze Präsident Wladimir Putin erneut zum Handeln auffordern, sagte ein ranghoher EU-Diplomat, der die Lage in Syrien als "inakzeptabel" bezeichnete, am Freitag in Brüssel. Die USA haben unterdessen zusammen mit der Türkei und Katar im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf einen Entschließungsentwurf zur Verurteilung des Massakers von Houla eingebracht.

"Die russische Seite war sicherlich bisher nicht sehr hilfreich bei der Suche nach einem politischen Ausweg", sagte der EU-Diplomat. Moskau hat im UNO-Sicherheitsrat ebenso wie China eine eindeutige Schuldzuweisung an das Regime von Präsident Bashar al-Assad verhindert. "Der Ausweg aus dieser tragischen Lage muss Russland einschließen." Es gehe "nicht darum, Druck auf Russland auszuüben", "es geht darum einzusehen, dass wir eine Verantwortung haben, das Leiden des syrischen Volkes zu stoppen und eine politische Lösung zu finden." Bei dem EU-Russland-Gipfel ist die Europäische Union durch Ratspräsident Herman Van Rompuy, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und die Außenpolitikbeauftragte Catherine Ashton vertreten.

Russland soll Waffenlieferungen stoppen

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat einen sofortigen Stopp russischer Waffenlieferungen nach Syrien gefordert. Wegen seiner "besonderen Beziehungen zu Syrien" komme Russland "eine Schlüsselrolle bei den internationalen Bemühungen zu, dem Morden in Syrien endlich ein Ende zu machen", erklärte der Amnesty-Experte für Russland, Peter Franck, am Freitag in Berlin. Russland müsse "Waffenlieferungen an Syrien einstellen und im UNO-Sicherheitsrat für ein umfassendes Waffenembargo stimmen".

Die Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navanethem (Navi) Pillay, will die Verantwortlichen für Gräueltaten in Syrien vor dem Haager Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) sehen. Es sei die Pflicht von Staaten, die Schuldigen an derartigen Verbrechen "zu stoppen und zu bestrafen", betonte Pillay auf einer Sondersitzung des UNO-Menschenrechtsrats in Genf unter Bezugnahme auf das Massaker von Houla, dem vor einer Woche nach UNO-Angaben 108 Menschen zum Opfer gefallen waren, unter ihnen 49 Kinder und 34 Frauen. Die Schuldigen sollen laut dem US-Entwurf benannt und zur Verantwortung gezogen werden. Allerdings wird darin nicht ausdrücklich das Haager Kriegsverbrechertribunal genannt. Die Einschaltung des Haager Strafgerichts könnte nur der Weltsicherheitsrat beschließen. Dort haben Russland und China, die sich bisher schützend vor Syriens Regime gestellt haben, ein Vetorecht. Zudem sind sie - ebenso wie die USA - nicht Mitglied des IStGH.

Weiter Massaker in Syrien

In Syrien werden inzwischen offenbar weiter Menschen massakriert. Aktivisten berichteten am Freitag, am Vortag seien in der Provinz Homs 15 Arbeiter eines Saatgutbetriebes aus einem Bus gezerrt, in eine Kaserne des Militärs gebracht und dann umgebracht worden. Nach Angaben der sogenannten Revolutionskomitees wurden die Arbeiter in dem Dorf Al-Boueidha verschleppt und in die Kaserne von Katiene gebracht. Dort sollen sie gefoltert und anschließend getötet worden sein. Ein Offizier habe dann angeordnet, die Leichen zu einer nahe gelegenen Straßensperre zu bringen.

Die Protestbewegung hatte für diesen Freitag zu Protestdemonstrationen im Gedenken an die 32 getöteten Kinder von Houla aufgerufen. Das Regime behauptet, die Kinder und ihre Eltern seien am Freitag vergangener Woche nicht von Soldaten und Milizionären getötet worden, sondern von "bewaffneten Terroristen". Auf einer Islamisten-Website tauchte unterdessen ein Aufruf von Extremisten zu Attacken gegen die syrische Armee auf. In der Audio-Botschaft hieß es, nach dem Massaker von Houla sollten Muslime in aller Welt Geld spenden für den Kampf gegen den "ungerechten Tyrannen" in Syrien.