Während UN-Sondergesandter Kofi Annan den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad in Damaskus trifft, spricht der UNO erstmals von Massenhinrichtungen im syrischen Houla. Weniger als 20 der 108 Toten von Houla (Hula) seien durch Artillerie-oder Panzerbeschuss ums Leben gekommen, sagte der Sprecher des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte, Rupert Colville, am Dienstag in Genf. "Der Großteil der Opfer" sei in "Sammelhinrichtungen" getötet worden, die laut Einwohnern von der regierungstreuen Shabiha-Miliz begangen worden seien. Aus Protest gegen das Massaker haben die EU-Staaten begonnen, syrische Diplomaten auszuweisen.

Annan dringt derzeit in Damaskus auf die Umsetzung seines Friedensplanes, der vor sechs Wochen in Kraft trat. Am Dienstag traf er mit dem syrischen Machthaber Bashar al-Assad zusammen, nachdem am Montag bereits ein Treffen mit Außenminister Walid al-Muallem (Moualem) auf dem Programm stand. Laut einer Aussendung soll Annan Assad darauf hingewiesen haben, dass es nun "mutiger Schritte" bedürfe, damit der Friedensplan ein Erfolg werden könne. Für 17.00 Uhr MEZ ist eine Pressekonferenz geplant.

Bei seinem zweiten Besuch seit der Ernennung zum Sondergesandten von UNO und Arabischer Liga vor drei Monaten will der ehemalige UNO-Generalsekretär Annan auch Vertreter von Opposition und Zivilgesellschaft treffen. Sowohl die syrische Opposition als auch internationale Experten bezeichneten Annans Plan bereits als gescheitert.

Unterdessen sind bei Gefechten zwischen Regierungstruppen und Aufständischen im Norden Syriens laut Opposition 32 Menschen getötet worden. Bei den Toten handle es sich um 20 Soldaten, sechs Zivilisten und sechs Aufständische, sagten Aktivisten am Dienstag. Die Kämpfe seien ausgebrochen, nachdem die Armee eine Offensive in der Provinz Aleppo in der Nähe der türkischen Grenze eingeleitet habe.

Botschafter werden ausgewiesen

Aus Protest gegen das Massaker in Houla haben Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Bulgarien, Kanada, die USA und Australien am Dienstag syrische Diplomaten ausgewiesen. Großbritannien tat dies bereits vor einigen Wochen. Österreich könne den syrischen Botschafter hingegen bilateral gar nicht ausweisen, hieß es aus dem Außenamt, da dieser sein Amt in Personalunion mit dem des syrischen Botschafters beim Wiener UNO-Sitz ausübe.

In Houla wurden am Freitag nach UN-Angaben mindestens 108 Menschen getötet, darunter 49 Kinder. Etwa 300 weitere Menschen sollen verletzt worden sein. Der UNO-Sicherheitsrat hat am Montag erstmals einstimmig und in scharfem Ton die Gewalt in Syrien verurteilt und der Regierung Assad eine Mitverantwortung zugewiesen. Die Führung in Damaskus machte hingegen "terroristischen Banden" für das Massaker verantwortlich.

In den umkämpften syrischen Städten Homs und Hama verschlechtert sich die humanitäre Lage nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) jeden Tag. "Innerhalb der Städte sind Tausende auf der Flucht", vor allem nachts gebe es viele Gefechte, sagte der Delegierte des DRK für Syrien, Jean-Marie Falzone, am Dienstag im deutschen Rundfunksender. Die meisten der Flüchtlinge lebten jetzt in Moscheen, Kirchen oder seien bei anderen Familien untergekommen.

Die Versorgungslage werde immer schwieriger, die Geschäfte blieben immer öfter geschlossen. Auch die Stromversorgung funktioniere nur für etwa zwölf Stunden am Tag. Zudem hätten die Menschen kein Geld, weil es kaum noch Arbeit gebe. "Den Menschen fehlt es an allem", sagte Falzone. Durch den Bürgerkrieg sei es schwierig, an Lebensmittel, Medikamente und Hygieneartikel zu kommen.