Nach insgesamt neun Tagen in Österreich hat der Dalai Lama am Sonntag seinen bisher längsten Besuch in der Alpenrepublik beendet. Bereits in der vergangenen Woche besuchte er Kärnten und Salzburg, am Wochenende stand dann die Hauptstadt auf dem Programm. Aus China kam ein offizieller Protest, das Außenministerium in Wien reagierte gelassen.

Treffen mit Regierungsspitze

Vor rund 10.000 Besuchern sprach der "Ozean des Wissens", so die deutsche Übersetzung für Dalai Lama, am Freitag in der Wiener Stadthalle über Werte in modernen Gesellschaft. Bei einer Solidaritätskundgebung für Tibet am Samstag am Heldenplatz bat der 76-Jährige um Unterstützung für den Schutz der tibetischen Kultur. Neben den öffentlichen Terminen standen auch Treffen mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) sowie Kardinal Christoph Schönborn und Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) auf dem Programm.

Religionen müssten konstruktiv zusammenleben, so der Tenor der Gespräche. Denn alle Religionen hätten die gleiche Botschaft und würden trotz der Unterschiede das gleiche Ziel verfolgen: "Mehr Mitgefühl, Liebe und Toleranz zu ermöglichen", sagte der Dalai Lama nach dem Treffen mit Schönborn. Religion solle außerdem nicht als "Problem" sondern als "Teil der Lösung" gesehen werden, hieß es auch nach dem Treffen mit Kurz. Aber auch Menschenrechte und die Situation in Tibet wurden diskutiert. Mit dem Treffen wolle er ein "klares politisches Signal für Menschenrechte, für Gewaltfreiheit, für den Dialog" und "gegen Unterdrückung" senden, erklärte Faymann.

Die Gespräche mit Faymann und Spindelegger stießen China, das sich Tibet 1950 durch eine Invasion einverleibt hatte, sauer auf. In einem offiziellen Protest aus Peking hieß es am Samstag, die Treffen stellten eine "schwere Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas" dar. Ungeachtet mehrmaliger Drohungen seitens Chinas habe Österreich diese Treffen organisiert. "Die chinesische Seite bringt die äußerste Unzufriedenheit zum Ausdruck und ist entschieden dagegen. Das chinesische Außenministerium und die chinesische Botschaft in Österreich werden in Peking und Wien ernsthafte Demarchen führen." Anfang der Woche hatte der Botschafter in Wien, Shi Mingde, jegliche Kontakte heimischer Politiker mit dem tibetischen Oberhaupt als "nicht nützlich" bezeichnet.

"Für meine Termine selbst verantwortlich"

Vor einer Verschlechterung der politischen oder wirtschaftlichen Beziehungen zur Volksrepublik hatten aber weder Faymann noch Spindelegger Angst. Beide ließen wissen, sie träfen, wen sie wollen. "Österreich ist ein Land, das immer gezeigt hat, dass es aufseiten der Menschenrechte steht und für meine Termine bin ich selbst verantwortlich", betonte der Kanzler.

Auch im Außenministerium sah man die Kritik gelassen. Weil es sich um den Besuch eines Religionsführers handle, sei kein Widerspruch zur österreichischen Diplomatie gegenüber China gegeben, hieß es auf APA-Anfrage. Österreichs Ein-China-Politik sei weiter aufrecht, betonte auch Bundespräsident Heinz Fischer im Interview mit dem "Kurier" (Sonntagsausgabe). Er selbst traf den Dalai Lama nicht, stellte aber klar: "Ich habe nie gesagt, dass ich keinen Termin frei habe. Das ist frei erfunden".