Seit mehr als einem Jahr wartet die österreichische Justiz auf Unterlagen, die bei Hausdurchsuchungen in Liechtenstein und in der Schweiz in der Causa Grasser beschlagnahmt worden sind. Die Staatsanwaltschaft glaubt, in diesen Unterlagen die "rauchende Pistole" für eine allfällige Anklage gegen den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu finden. Bisher stützt sich die heimische Justiz vor allem auf Indizien. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Großer Schritt näher

Nun ist die Staatsanwaltschaft dem Vorhaben einen großen Schritt näher gekommen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) des Fürstentums hat der Ausfolgung der Akten des Liechtensteiner Wirtschaftstreuhänders von Grasser an die österreichische Justiz zugestimmt. Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. Die Vaduzer Kanzlei, die den Treuhänder vertritt, kann innerhalb einer vierwöchigen Frist eine Beschwerde beim Staatsgerichtshof in Liechtenstein erheben.

Die Beschwerde an den Staatsgerichtshof kommt einer Verfassungsbeschwerde in Österreich gleich, bei der der Wirtschaftstreuhänder nur Grundrechtseingriffe durch die Ausfolgung der Akten geltende machen kann. Eine Entscheidung in der Sache dauert in der Regel zwischen drei und sechs Monate.

Schon über ein Jahr warten die Ermittlungsbehörden auf die Ausfolgung der Akten, die bei der Hausdurchsuchung im April 2011 beschlagnahmt wurden. Gegen die Ausfolgung der Akten hatten die Anwälte von Grassers Kanzlei in Liechtenstein geklagt und in erster Instanz verloren. Doch im März 2012 gewannen sie in der Berufungsinstanz vor dem Obergericht. Dem widersprach nun das Höchstgericht und urteilte, dass die Ausfolgung an Österreich zulässig sei. Grasser selber hatte mehrmals betont, er habe alle Unterlagen offengelegt.

Massiver Gedächtnisverlust

Indes hat die SPÖ-Abgeordnete Ruth Becher dieser Tage eine launige parlamentarische Anfrage eingebracht. Da Grasser, Walter Meischberger, Ernst Karl Plech, Peter Hochegger und Alfons Mendsdorff-Pouilly "in den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen unter massiven Gedächtnisverlust" leiden, stelle sich unweigerlich die Frage, ob sie noch über die nötige "kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit" für das Lenken von Fahrzeugen verfügten. Unter diesen Umständen sollten sie "einem Amtsarzt oder einem Verkehrspsychologen vorgeführt werden".