Im Streit um die inhaftierte ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko und einen möglichen Boykott der Fußball-EM hat die Ukraine Deutschland mit wirtschaftlichen Konsequenzen gedroht. "Ohne Abkommen wird der deutsche Zugang zum ukrainischen Markt begrenzt sein", sagte der für Außenpolitik zuständige Vizepräsident der ukrainischen Regierungspartei, Leonid Koschara, am Freitag "Spiegel Online" im Hinblick auf das derzeit auf Eis liegende EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. "Deutsche Hersteller werden verlieren."

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle hatte zuvor erklärt, ohne Rechtsstaatlichkeit könne das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine nicht ratifiziert werden. "Mir scheint, dass der Fall Timoschenko für einige Politiker im Westen einen sehr persönlichen Charakter trägt", sagte Koschara. Berlin empfinde das Scheitern der von Timoschenko geführten "Orangen Revolution" offenbar als "persönliche Niederlage".

Zugleich verteidigte Koschara den Umgang der ukrainischen Behörden mit Timoschenko. In ihrer Zeit als Regierungschefin habe die Politikerin "verbrecherisch" gehandelt und der Ukraine 2009 "kolossalen Schaden" bei Gasverhandlungen mit Moskau zugefügt.

Timoschenko verbüßt in der Ukraine derzeit eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs. Seit dem 20. April protestiert die an Bandscheibenproblemen leidende Ex-Regierungschefin mit einem Hungerstreik gegen ihre Haftbedingungen. Der Westen hält ihre Strafe für politisch motiviert. Aus Protest gegen den Umgang mit Timoschenko entschied die gesamte EU-Kommission am Donnerstag, der EM in dem Land fernzubleiben. Berlin hat wiederholt eine Behandlung Timoschenkos in Deutschland angeboten.