Wegen der herausragenden Stellung des Amtes im Verfassungssystem der Fünften Republik kommt der Wahl des französischen Präsidenten große Bedeutung zu. Zum neunten Mal findet nun die Direktwahl des Staatsoberhauptes statt. Noch nie hat bisher ein Kandidat schon im ersten Durchgang die erforderliche absolute Mehrheit zu erringen vermocht, nicht einmal General Charles de Gaulle, der Schöpfer der Verfassung. Mit zwei Ausnahmen - 1969 und 2002 - waren alle Präsidentenwahlen Auseinandersetzungen zwischen den großen politischen Lagern der Rechten und der Linken - was aller Voraussicht nach auch 2012 der Fall sein dürfte. Die Linke siegte 1981 und 1988 und stellte in der Person von Francois Mitterrand 14 Jahre lang den Hausherrn im Pariser Elysée-Palast.

Ein kurzer Rückblick auf die bisherigen Präsidentenwahlen:

1965 - Gegen Amtsinhaber Charles de Gaulle, der als Befreier 1944 nach vierjähriger nazideutscher Okkupation und als Retter des Landes nach dem Zusammenbruch der Vierten Republik 1958 gefeiert wird, kandidieren der Zentrumskandidat Jean Lecanuet und der Protagonist der extremen Rechten, Jean-Louis Tixier-Vignancour. Ihnen steht als Einheitskandidat der Linken Francois Mitterrand gegenüber. Das überraschend gute Abschneiden Lecanuets (15,6 Prozent) zwingt de Gaulle in die Stichwahl, die er gegen Mitterrand gewinnt.

1969 - Nach de Gaulles Rücktritt stehen sich in der Stichwahl infolge Zerstrittenheit der Linken zwei bürgerliche Kandidaten gegenüber: der gaullistische Ex-Premier Georges Pompidou und der Zentrumspolitiker und Interims-Präsident Alain Poher. Das drittbeste Ergebnis mit 21,3 Prozent erzielt der Kommunist Jacques Duclos, während der sozialistische Kandidat Gaston Defferre es nur auf magere fünf Prozent bringt, weil sich ein Teil seiner Partei für Poher entscheidet.

1974 - Nach Pompidous Tod schicken die Gaullisten den Résistance-Helden Ex-Premier Jacques Chaban-Delmas ins Rennen, doch qualifiziert sich der rechtsliberale Kandidat Valéry Giscard d'Estaing für die Stichwahl gegen den auch von den Kommunisten und anderen Linksgruppen unterstützten Sozialisten Mitterrand, welcher ganz knapp unterliegt.

1981 - Bei seiner Wiederkandidatur scheitert Giscard d'Estaing an der mangelnden Unterstützung seitens der Neogaullisten, deren Chef Jacques Chirac in der ersten Runde auf 18,3 Prozent der Stimmen kommt, während KP-Chef Georges Marchais 15,3 Prozent erhält. Die Stichwahl gewinnt Mitterrand gegen Giscard.

1988 - Mitterrand wird mit 54 Prozent in der Stichwahl gegen Chirac eindrucksvoll wiedergewählt. Im ersten Wahlgang hatte Raymond Barre, ehemaliger Premierminister unter Giscard und Kandidat des Zentrums 16,5 Prozent der Stimmen bekommen, der rechtsextreme Jean-Marie Le Pen 14,4 und der Kommunist André Lajoinie 6,8.

1995 - Die Neogaullisten sind gespalten und treten mit zwei Kandidaten an: Parteichef Jacques Chirac und Premier Edouard Balladur. Die meisten Stimmen erhält im ersten Durchgang der Sozialist Lionel Jospin, der jedoch in der Stichwahl Chirac unterliegt. (Nach dem Sieg der Linken bei den Parlamentswahlen 1997 wird Jospin Premierminister einer fünfjährigen "Kohabitation" mit dem bürgerlichen Präsidenten.)

2002 - Totales Debakel der Linken, die mit einer Vielzahl von Kandidaten vertreten ist. Jospin wird knapp von dem rechtsextremen Jean-Marie Le Pen überflügelt, der in die Stichwahl gegen Chirac kommt. Mit Unterstützung der Linken wird Chirac mit mehr als 80 Prozent der Stimmen wiedergewählt.

2007 - Die Kandidatin der Sozialisten, Ségolène Royal, unterliegt im zweiten Wahlgang dem Kandidaten der bürgerlichen Rechten, Nicolas Sarkozy, dem ein Teil der Stimmen des Zentrumspolitikers Francois Bayrou (18,6 Prozent in der ersten Runde) zufällt. Le Pen muss sich diesmal mit 10,4 Prozent zufriedengeben, die Kommunistin Marie-George Buffet erreicht nicht einmal die Zwei-Prozent-Marke, während der junge Trotzkist Olivier Besancenot über vier Prozent bekommt.