Beim Verkauf der Bundeswohnungen unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F/V) wurden mehrere Möglichkeiten, den Erlös für den Staat zu steigern, nicht genutzt, sagte heute der Rechnungshof-Prüfer Stephan Hoynigg bei der Befragung im Korruptions-U-Ausschuss des Parlaments. Die Bundeswohnungen wurden in einem Gesamtpaket um 961 Mio. Euro an ein von der Immofinanz geführtes Konsortium veräußert, ein Verkauf der Teilgesellschaften hätte wohl mehr Geld eingebracht, so der Prüfer.

Selbst der Berater Lehman Brothers habe in seinem Angebot geschrieben, dass ein Verkauf in Teilpaketen wohl zu einem höheren Erlös führen würde als eine Veräußerung des Gesamtpakets, erinnerte Hoynigg. Dadurch hätten mehr Interessenten angezogen und ein höherer Kaufpreis erzielt werden können, habe Lehman ausgeführt. Am Anfang des Verfahrens habe es immerhin 30 Interessenten gegeben. Auch der vom Finanzministerium ausgesprochene Verzicht auf die Einweisungsrechte in die Wohnungen sei "ein nicht gehobenes Erlöspotenzial, das wir mit konservativer Bewertung auf 200 Mio. Euro bezifferten", rechnete Hoynigg vor.

Er war sowohl bei der ersten RH-Buwog-Prüfung im Jahr 2002 als auch bei der Untersuchung des Verkaufs im Jahr 2005 als Prüfer tätig. Die seit Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe rund um den Verkauf umstrittene Vergabe an die Investmentbank Lehman Brothers, die den Verkauf der Bundeswohnungen begleitete, sei nicht vom RH geprüft worden, räumte er ein. Bei der ersten RH-Prüfung sei Lehman noch nicht beauftragt gewesen, sondern nur ein Anwalt, der die Vergabe an eine Investmentbank vorbereiten sollte. Dieser habe bis dahin 500.000 Euro erhalten, der RH habe moniert, dass dessen Leistungen großteils günstiger vom Finanzministerium oder der Finanzprokuratur erbracht hätten werden könnten. Bei der zweiten Prüfung sei untersucht worden, ob ein "bestmöglicher Verkauf" laut Gesetzesauftrag durchgeführt worden sei. Lehman habe damals als "anerkannte internationale Investmentbank" gegolten.

Auf Einweisungsrechte verzichtet

Warum das BMF auf seine Einweisungsrechte für rund 5.500 Wohnungen in guten Lagen verzichtete, dafür habe der Rechnungshof keine Begründung und keine Erklärung vom Finanzministerium gefunden, so der Prüfer. Im Kaufvertrag sei dazu eine unklare Vereinbarung getroffen worden. Auch nach dem Abschluss des Kaufvertrags im Juli 2004 habe es darüber noch monatelang Verhandlungen zwischen dem Käufer, der Immofinanz, und dem BMF gegeben. Erst im Februar 2005 habe das Finanzministerium "plötzlich und ohne Begründung" auf seine Einweisungsrechte verzichtet.

Hoynigg beleuchtete auch die Rolle des Landes Kärnten: Dieses hatte durch seinen Verzicht auf das Vorkaufsrecht für die Villacher Wohnungsgesellschaft ESG letztlich entschieden, dass die Immofinanz den Zuschlag erhielt. Laut den dem RH übermittelten Protokollen habe die Kärntner Landesregierung in der entscheidenden Sitzung gewusst, wer der Bestbieter war, obwohl das Bieterverfahren unter Verschwiegenheitspflicht gelaufen sei. "Auf normalem Amtswege hätte diese Information nicht dorthin gelangen dürfen", so der Prüfer.

Das Bieterverfahren hatte nämlich einen knappen Ausgang: Erst in der letzten Runde und nach dem Verzicht des Landes Kärnten auf den Kauf der im Paket enthaltenen Villacher Wohnungsgesellschaft ESG war das Immofinanz-Konsortium knapp vor der CA Immo Bestbieter mit rund einer Mio. Euro Vorsprung. Das Land Kärnten hatte im Jahr 2002 unentgeltlich das Vorkaufsrecht für die ESG erhalten. Der damalige Finanzminister Grasser und der damalige, mittlerweile verstorbene Landeshauptmann Jörg Haider (damals beide FPÖ) hatten darüber einen Vertrag geschlossen.

Die Bundeswohnungen wurden nicht an die Mieter veräußert, weil das Interesse extrem gering gewesen sei, erläuterte der Prüfer. Verantwortlich dafür dürfte gewesen sein, dass den Mietern die Wohnungen zu einem recht hohen Preis angeboten wurden. So sei für die Berechnung des Kaufpreises von bestandsfreien Wohnungen ausgegangen worden, die Wohnungen waren aber zu gemeinnützigen Bedingungen, also niedrigem Mietzins, vermietet. Die Bundeswohnungen seien den Mietern zu einem Preis angeboten worden, der mehr als die Hälfte über dem Quadratmeterpreis lag, den die siegreiche Immofinanz letztlich bezahlte, bestätigte Hoynigg.

Die Ausschussvorsitzende Gabriela Moser, die selber seit Jahren den Buwog-Verkauf kritisch untersucht, schaltete sich selber in die Fragerunde ein. Der Verkauf der Bundeswohnungen war von den Grunderwerbsabgaben befreit, die den Gemeinden zugute gekommen wären. Außerdem seien die unverbauten Grundstücke zu einem sehr niedrigen Preis berechnet worden: Vom Buchwert, der weit unter dem Verkehrswert liegt, wurde noch ein Abschlag von 45 Prozent gewährt. Dass die ganze Privatisierung dem Finanzministerium und nicht der ÖIAG übertragen wurde, sei "ein Abgehen vom üblichen Vorgehen" gewesen, bestätigte der Prüfer.