Der Präsidentschaftskandidat der Muslimbrüder, Khairat al-Shater, will die islamische Rechtsprechung, die Scharia, in Ägypten einführen. Dies sei sein "erstes und endgültiges" Ziel, sollte er die für Mai und Juni vorgesehen Wahlen gewinnen, erklärte Shater nach Berichten von Mittwoch bei einer Versammlung einer islamistischen Vereinigung. Es war die erste bekanntgewordene Stellungnahme Shaters, seit er von den einflussreichen Muslimbrüdern überraschend als Präsidentschaftskandidat aufgestellt wurde. Darin versprach er auch, das Innenministerium zu reformieren, das eine führende Rolle bei der Unterdrückung der Opposition gegen den früheren Präsidenten Hosni Mubarak gespielt hatte.

Kein Pakt mit dem Militär

Shater versicherte, dass er mit dem derzeit regierenden Militärrat keinen Deal bezüglich seiner Kandidatur ausgehandelt habe, die am vergangenen Samstag verkündet worden war. Beobachter hatten gemeint, das Antreten Shaters bei der Präsidentschaftswahl könnte Kandidaten zu Gute kommen, die mit dem gestürzten Mubarak-Regime verbunden waren. Durch seine Kandidatur würden die Stimmen für die Islamisten aufgesplittert.

Schleierpflicht für Frauen

Neben Shater wollen noch mindestens drei islamistische Kandidaten antreten. Die chancenreichsten sind Hazem Salah Abu Ismail und Abdel Moneim Abol Fotoh. Der als einflussreich geltende Rechtsanwalt und Salafist Abu Ismail hat für den Fall seines Wahlsiegs angekündigt, alle Frauen in Ägypten zum Tragen des Schleiers zu zwingen. Er würde auch Touristen den Genuss von Alkohol in der Öffentlichkeit verbieten.

Shater gehört der "Religiösen Vereinigung für Rechte und Reformen" an, die eine strenge Auslegung des Islam vertritt. Der Präsidentschaftskandidat versicherte Dienstag Abend, dass er sich für die Bildung eines Gremiums einsetzen werde, dass dem Parlament helfen solle, die Einführung der Scharia zu erreichen. Der 61-jährige Millionär und Geschäftsmann wollte am Donnerstag die für seine Kandidatur nötigen Dokumente vorlegen. Er gilt als aussichtsreichster Bewerber, da die gut organisierten Muslimbrüder hinter ihm stehen, deren Vertreter die stärkste Kraft im Parlament bilden.

Der wachsende Einfluss der Islamisten wird im Westen mit Besorgnis verfolgt. Vor allem wird befürchtet, dass Ägypten das 1978 mit Israel geschlossene Friedensabkommen aufkündigen könnte.