Rohstoff-Engpässe seien meist die Konsequenz eines Versagens der politischen Steuerung und nicht die Folge eines tatsächlichen physischen Mangels, heißt es in einem Bericht der Denkschmiede "Transatlantic Academy", der am Mittwoch im deutschen Auswärtigen Amt vorgestellt werden sollte und Reuters vorlag.

Die Bedrohung sei heute größer als in den 70er Jahren, als sich die Debatte lediglich um die Endlichkeit von Ressourcen drehte. Heute verschärften der Klimawandel, der Aufstieg neuer politischer und wirtschaftlicher Großmächte und das Wachstum eines nach Konsum und Komfort strebenden Mittelstandes das Problem.

Globale Nachfrage könnte Märkte stören

Die transatlantische Gemeinschaft müsse die Führung übernehmen, um diese Herausforderungen anzugehen, fordern die Forscher der "Transatlantic Academy". Andernfalls werde die beispiellose globale Nachfrage nach Land, Energie, Wasser, Lebensmitteln und mineralischen Rohstoffen wie Metallen, Industriemineralien, Steinen und Erden schwere Störungen der Märkte wahrscheinlicher machen. Auch das Risiko gewaltsamer Konflikte auf staatlicher und lokaler Ebene an Brennpunkten vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika werde steigen. Zugleich stelle das Management von Ressourcen die Akteure vor immer komplexere Aufgaben, weil häufig mehrere Arten der Nutzung miteinander konkurrierten oder es zu Wechselwirkungen kommen.

So könnten Lebensmittel gegessen oder als Biotreibstoff verbrannt werden. Die Wassergewinnung für ausufernde Megastädte konkurriere mit der Bewässerung in der Landwirtschaft. Auch mangelhafte Transparenz und illegaler Handel erschwerten ein effektives Management von Rohstoffen und erhöhten das Risiko hoher und volatiler Preise sowie abrupter Versorgungsengpässe.

Die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, Emily Haber, appellierte an die internationale Gemeinschaft, sich stärker mit Fragen der Ressourcen-Knappheit zu befassen. Rohstoffe seien häufig nicht die einzige, aber eine entscheidende Ursache von Konflikten, hieß es in Habers Redetext zur Vorstellung der Studie. Dies müsse berücksichtigt werden, wenn es darum gehe, Auseinandersetzungen zu vermeiden oder Konflikte zu lösen. "Wir müssen darüber nachdenken, die politische Steuerung und Koordination im Umgang mit Rohstoffen zu stärken", forderte die Staatssekretärin.

Konflikte lösbar

Europa habe hier Erfahrung, fügte Haber hinzu und verwies auf die Montanunion, die bereits in den 50er Jahren begonnen hatte, die deutsche und französische Kohle- und Stahlindustrie zu harmonisieren und Grundlage der späteren Europäischen Union war. Im Bereich der Energie gebe es heute multilaterale Foren, die sich mit dem Thema befassten. Was das Rohstoff-Management angehe, existiere bisher jedoch keine Institution, die die Vertreter von Regierungen, Unternehmen und Nicht-Regierungsorganisationen zusammenbringe, bemängelte Haber. Darüber müsse nachgedacht werden.

Sollte die transatlantische Gemeinschaft die Führung bei der Bewältigung der Rohstoff-Probleme übernehmen, eröffnet sie sich nach Einschätzung der Autoren der Studie auch viele Chancen. Dazu zählten Fortschritte bei der Rohstoff-Effizienz, eine nachhaltigere Entwicklung, grüneres Wachstum und zunehmender Wohlstand. Zudem ließen sich Konflikte im Rahmen einer engagierten Zusammenarbeit und durch den Aufbau von Institutionen besser lösen.

Als ersten Schritt zu einem besseren Ressourcen-Management weltweit fordern die Autoren der Studie die Europäische Union, die USA und Kanada auf, ihr eigenes Haus in Ordnung zu bringen und die Rohstoff-Effizienz in weniger als 20 Jahren zu verdoppeln. Zudem müssten die Staaten beim Übergang zur erneuerbaren Energie zusammenarbeiten. Sie müssten ihre Kräfte bündeln und Rohstoffen ihren korrekten Preis zu verleihen, indem sie nicht nachhaltige Subventionen kürzten und CO2-Emissionen verteuerten. Auch die Leitidee des westlichen Luxuslebens und des Wirtschaftswachstums, das sich auf einen immer stärkeren Ressourcen-Verbrauch gründe, müsse überdacht werden.

Zugleich müssten die Staaten die Lösung von Problemen auf globaler Ebene voranbringen, indem sie internationale Verträge ratifizierten und transatlantische und globale Institutionen reformierten. Außerdem appellierten die Autoren der Studie an die transatlantischen Staats- und Regierungschefs, ihre Interessen und Befürchtungen besser mit denen aufstrebender Schwellenländer und derjenigen Staaten abzugleichen, die kritische Rohstoffe exportieren. Namentlich hebt die Studie China und Indien hervor.