Sehr geehrte Frau Dr. Bragagna!

Ich bin seit neun Jahren mit meinem Mann (an und für sich glücklich) verheiratet. Wir haben zwei kleine Kinder, sind erfolgreich. Es wäre ein schönes Leben, wenn eines nicht wäre: Mein Mann schläft kaum mit mir, maximal einmal im Jahr. Ich dachte zuerst, er geht fremd oder er ist schwul. Das ist es aber nicht. Er meint, ich sei zu aggressiv und streite zu viel. Er brauche Harmonie, um Sex haben zu können. Ich bin nicht streitsüchtig. Ja, ich explodiere kurz, wenn mich etwas stört, und bin auch direkt, wenn mir etwas nicht passt, aber ich bin gleich wieder gut. Mein Mann zieht sich jedoch tagelang zurück und kann sich ganz schwer öffnen. Muss ich mich damit abfinden, dass sich mein Mann nicht mehr ändern wird?


ELIA BRAGAGNA ANTWORTET: Anscheinend glauben Sie, dass nur Ihr Mann die Situation verändern kann. In Wirklichkeit haben Sie den Schlüssel zu Ihrem Glück in der Hand. Es ist in der Tat schwer, zwei so unterschiedliche emotionale Systeme auf einen befriedigenden, gemeinsamen Nenner zu bringen. Sie beschreiben, dass Sie Ihren Mann, auch wenn Sie es nicht wollen, mit der Art, wie Sie Probleme austragen, kränken.

Gleichzeitig erwarten Sie von ihm, dass er die Kränkungen wegsteckt, offen bleibt und mit Ihnen intim wird. Was er offenbar nicht kann. Ich weiß nicht, wie Sie sich verhalten, wenn Sie sehen, dass Sie ihn verletzt haben. Fragen Sie nach, was ihn gerade so getroffen hat? Können Sie hören, was er zu Ihrem Anliegen meint, oder sind Sie so aufgebracht, dass es Sie gar nicht interessiert, was er dazu meint? Können Sie sich dafür entschuldigen, dass die Art, wie Sie Ihr Anliegen vorgebracht haben, nicht passend war?

Muster durchbrechen

Etwas „nicht böse meinen“, heißt nicht, dass es nicht wehtut. Sein Rückzug ist seine Art, damit fertig zu werden. Veränderung wird dann möglich sein, wenn beide das zerstörerische Muster durchbrechen. Sie werden lernen müssen, Probleme in einer respektvollen Art zu besprechen und Verantwortung für die entstandenen Verletzungen zu übernehmen. Er wird lernen müssen, statt sich zurückzuziehen, Ihnen gleich zu sagen, dass er gekränkt ist und was er braucht, um sich wieder öffnen zu können.

Über diesen respektvollen Umgang miteinander werden sie beide wieder Nähe und Intimität erzeugen.