In Österreich konnte die Situation bei den Kinderimpfungen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert werden. Doch nach wie vor gibt es Probleme bei den Masern, hieß es Samstag beim Österreichischen Impftag in Wien. Das Impfwesen entwickelt sich in Richtung mehr Rücksichtnahme auf personalisierte Immunisierungen, um die Schutzraten zu erhöhen.

Masernproblem in Österreich

"Wir hatten im Jahr 2015 ein Masernproblem in Österreich. Die WHO hat das Ziel von weniger als einem Fall pro Million Einwohner (und Jahr; Anm.) gesetzt. Bei uns waren es 38,8 Erkrankungen pro Million Einwohner. Wir hatten 309 Fälle, vor allem in Niederösterreich, der Steiermark, Oberösterreich und Wien", sagte Maria Paulke-Korinek vom österreichischen Gesundheitsministerium. Besonders bedenklich: Sieben Prozent der Erkrankungen kamen in Spitälern und ähnlichen Einrichtungen vor. Das zeigt, dass noch immer zu wenige Beschäftigte im Gesundheitswesen immunisiert sind.

Auf der anderen Seite wurden in der jüngeren Vergangenheit jedenfalls bereits mehr Kinder gegen Masern geimpft als noch vor einigen Jahren. "2014 wurden im Rahmen des Kinderimpfprogramms um 19 Prozent mehr der Vakzine abgerufen als im Jahr zuvor, 2015 noch einmal 30 Prozent mehr", sagte Maria Paulke-Korinek. Auf Bevölkerungsebene kann die Krankheit aber nur ausgerottet werden, wenn mehr als 95 Prozent der Menschen immunisiert sind.

Individualisierung

Insgesamt dürfte sich das Impfsystem in Zukunft in Richtung mehr Individualisierung entwickeln. "Es kommt zu einem ständigen Anstieg der Zahl älterer Personen. Die Anzahl der Frühchen hat zugenommen. Die Adipositas ist im Ansteigen. Diese Menschen haben infolge der Veränderungen der Immunabwehr eine erhöhte Infektanfälligkeit. Wir müssen spezifisch auf diese Veränderungen eingehen", sagte die Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien, Ursula Wiedermann-Schmidt. Umgekehrt weisen ältere Menschen, Frühgeborene und Adipöse auch eine schlechtere Immunantwort auf Impfungen auf. Dem kann man mit verbesserten Impfschemen und zum Beispiel verstärkten Vakzinen entgegen wirken.

Genetische Ursachen

Genau in diese Richtung gehen auch Forschungen, welche die genetischen Ursachen für das unterschiedliche Ansprechen von Menschen auf Impfungen aufdecken sollen. Andrew Pollard von der Universität Oxford zeigte am Samstag Daten, wonach kleine Unterschiede in den HLA-Genen, wie sie beim Typisieren von Transplantat-Organen bzw. der Empfänger verwendet werden, sowie Mutationen in den T-Zell-Rezeptoren von Abwehrzellen bei verschiedenen Impfungen für 30 bis mehr als 70 Prozent der Immunreaktion auf die Vakzine entscheidend sind. "Das könnte zur Entwicklung besserer Impfstoffe für bestimmte Personengruppen führen. (...) Wir haben heute eine riesige Menge an Impfstoffen. Aber diese Vakzine wurden alle entwickelt, um jeweils die gesamte Bevölkerung zu schützen", sagte der Experte. Doch hier gibt es immer auch bestimmte Menschengruppen, die eben keine oder nur eine zu geringe Immunität nach einer Impfung entwickeln.

Impftag

Am Österreichischen Impftag nahmen am Samstag rund 800 Ärzte und Apotheker teil. Der oberösterreichische Ärztekammerpräsident und Präsident der Akademie der Ärzte betonte die Wichtigkeit der Fortbildung und wies darauf hin, dass nach dem Sommer 2016 alle österreichischen Ärzte erstmals die Absolvierung ausreichender Fortbildungsaktivitäten nachzuweisen haben. Ärzte würden dies als eine der ganz wenigen Berufsgruppen in ihrer Freizeit und auf eigene Kosten tun: "Ich habe noch nie einen Fortbildungskurs für die Politik gesehen, obwohl ihr ein Fortbildungskurs manchmal recht gut tun würde."