Nieselregen und Kälte konnten am Samstagabend die Stimmung beim Public Viewing am Wiener Rathausplatz nicht einmal für einen Moment trüben. Tausende kamen, um eine große Party zu feiern. Bier, Tanz und Ponchos halfen, warm und halbwegs trocken zu bleiben. Viele Fans kamen nicht nur mit Flaggen, sondern sogar kostümiert.

"Bier" war etwa die Antwort zweier Spanier auf das österreichische Wetter. Deutsche Fans wollten sich hingegen mit Tanzen, Springen und viel guter Laune warm halten. Auch die verteilten Ponchos waren an diesem Abend begehrte Güter. Auch wenn manche Zuseher eigens gekommen waren, um ihre Kostüme zu zeigen: Ein Brite glänzte im Ganzkörper-Union-Jack-Outfit, zwei Deutsche kamen gar als Jedward - jene Zwillinge, die 2011 für Irland antraten. Auch gold-rot-schwarze Deutschland-Perücken und Blumenketten waren keine Seltenheit. Die Australienfans rückten hingegen mit aufblasbaren Kängurus an.

Die Besucher trotzten dem Regen im Public Viewing.
Die Besucher trotzten dem Regen im Public Viewing. © Susanne Hassler

Flaggen auf den Wangen gehörten am Samstag fast genauso zur Mindestausstattung wie die Regenschirme. "In der Masse und mit der Atmosphäre, da merkt man das Wetter gar nicht", meinte ein Fangrüppchen. Die Briten nahmen es sowieso gelassen: "So ist es bei uns daheim immer", erklärte ein eigens aus England angereister Zuschauer. "Ich bin seit vier Tagen hier und es regnet ständig - das ist scheinbar österreichisches Wetter", bilanzierte dagegen ein Fan aus Italien - wohl sehr zum Missfallen der örtlichen Tourismuswerbung.

So viele und auch unterschiedliche Flaggen wie heute Abend waren bisher noch bei keinem Semifinale zu sehen: Rumänien war mit einem riesigen Fanblock und großen Fahnen angerückt, beinahe so häufig wehten die armenischen Farben über der Menge. Ebenfalls gut vertreten: Estland, Georgien, Serbien, Albanien - mit einem kleinen Bühnensturm während des Auftritts von Elhaida Dani - und Israel. Zwischendurch war auch die eine oder andere größere rot-weiß-rote Flagge zu erspähen.

Schrill und fröhlich, so präsentierten sich die Fans beim Song Contest.
Schrill und fröhlich, so präsentierten sich die Fans beim Song Contest. © Susanne Hassler

Keine großen Fahnen wurden dagegen für Schweden geschwenkt - das hatte Mans Zelmerlöw aber auch gar nicht nötig, war er doch schon von Anfang an nicht nur bei den Buchmachern stetig auf Platz eins, sondern auch erklärter Publikumsliebling. "Ein toller Song, eine gute Stimme, eine großartige Show und sehr poppig", fasste ein Spanier das Geheimrezept des Schweden zusammen. Aber auch Israel - übrigens definitiv der meistgesungene Song des Village-Abends -, Australien und Italien hatten eine starke Fanbasis hinter sich. Und als geheimer Favorit der Zuseher entpuppte sich in den Faninterviews vor allem Estland.

Schon vor dem Start der Übertragung war die Stimmung ausgelassen: Zu den Siegern vergangener Jahre wurde am bis zum Burgtheater gefüllten Rathausplatz geschrien, gesungen, geschunkelt - im Zweifelsfall gehüpft - und natürlich kräftig mit Fahnen geschwungen und applaudiert. Spätestens bei der Eröffnung durch die schwebende Conchita vibrierte dann nicht nur der Platz, sondern auch die links und rechts der Bühne aufgebauten Tribünen.

In Sachen Jubel war der ESC schon beim Einzug der Künstler ausgemacht: Australien, Schweden, Israel und Deutschland ernteten den meisten Applaus. Auch Serbien und Italien wurden kräftig gefeiert. Und auch bei den Lokalmatadoren The Makemakes erreichte der Geräuschpegel Großveranstaltungsausmaß. Aber auch jene Länder, deren Fans sich realistischerweise keine Chancen auf den Sieg ausmalen konnten, waren bester Laune: "Wir gewinnen zwar wahrscheinlich nicht, aber die Stimmung ist ein Wahnsinn", meinte ein Rumäne. "Und die Hoffnung stirbt zuletzt."