Am 15. Mai wird also ihr Debütalbum veröffentlicht. Mehr als vier Jahre nach der Erschaffung der Kunstfigur Conchita Wurst und ein Jahr nach dem Triumph in Kopenhagen. Ich traf eine entspannte Conchita, der man die hektische Zeit nicht ansieht, da all die Termine „am Ende des Tages“ (wohl ihr Lieblingsausdruck) die Erfüllung eines Traums sind.

Wachen Sie in der Früh eigentlich als Tom oder als Conchita auf bzw. träumen Sie schon als Conchita?
CONCHITA WURST: Das ist eine lustige Frage. Letzte Nacht habe ich tatsächlich von Perücken geträumt, das war dann wohl eher ein Conchita-Traum. Aber es ist sicher fließend, wobei ich selbst mir darüber wenig Gedanken mache, andere Menschen offenbar viel mehr.

Können Sie sich aber vorstellen, mit 40 noch als Conchita um die Welt zu touren?
WURST: Das weiß ich nicht. Vielleicht habe ich in 20 Jahren Lust auf eine andere Figur – oder bin nur Tom. Jetzt denke ich noch gar nicht darüber nach. Derzeit bin ich wahnsinnig verliebt in meine Leben.

Sie gehen immer wieder auch als Tom aus dem Haus und steigen nicht immer geschminkt und mit Perücke in ein Flugzeug. Werden Sie da erkannt?
WURST: Doch, obwohl ich mit Kapperl, Sonnenbrille und oft einem Mundschutz fliege. In Australien wurde ich gleich am Flughafen erkannt, in vielen europäischen Städten kann ich als Tom herumlaufen, ohne dass sich jemand umdreht.

Eines Ihrer Ziel nach dem Song-Contest-Ziel ist der wichtigste amerikanische Musikpreis, der Grammy. Den werden Sie für Ihr Debütalbum wohl noch nicht bekommen?
WURST: Das ist mir klar. Es wäre auch anmaßend, das zu glauben. Was am Leben aber so toll ist: Man hat ja nicht nur eine Chance! Das ist mein Motto. Und ich habe bei meinem Debütalbum einige Entscheidungen aus einem sehr egoistischen Impuls getroffen: Ich wollte mich selbst unterhalten. Und das ist mir gelungen.

Schmerzt Sie das, wenn Kritiker Ihnen keine Zukunft als Musikerin, sondern nur als gesellschaftspolitische Berühmtheit prophezeien und das Album als „Pop für ein Laufpublikum“ bezeichnen?
WURST: Wir wissen ja alle noch nicht, wie sich das Album nach der Veröffentlichung entwickeln wird. Ich gehe mit anderen Meinungen aber immer sehr respektvoll um.

Was war in den letzten zwölf Monaten eigentlich das Dümmste, das Sie über sich gelesen haben?
WURST: Da waren zwei Geschichten unglaublich blöd: Ein großes Medium titelte, dass direkt nach dem Sieg noch in der Halle ein Säureangriff auf mich unternommen wurde. Und dann wurde auch über eine Schwangerschaft berichtet. Das hat mich schon überrascht.

Was sind die Pläne nach dem Song Contest, wo Sie ja bei allen drei Live-Shows präsent sein werden – als Sängerin und Interviewerin der heurigen Teilnehmer?
WURST: Den Rest des Jahres werde ich damit verbringen, meine CD und meine Autobiografie über die ganze Welt verteilt zu promoten. Konzerte werden sich wohl erst nächstes Jahr ausgehen, es gibt jedenfalls noch keine fixierten Termine.

Ihr Eindruck von der Wiener Stadthalle? Die Bühne in Wien ist etwas kleiner als Ihre Bühne von Kopenhagen im Vorjahr . . .
WURST: Du bist so kritisch, Christian! (lacht) Aber mein erster Eindruck war auch, dass sie kleiner ist – was ja überhaupt kein Nachteil für die Künstler sein muss. Im Fernsehen wird sie trotzdem gigantisch wirken.