22.33 Uhr, Dom im Berg. Der erste Gedanke: Ist wieder alles bei den Minoriten? Eine halbe Stunde nach offiziellem Beginn ist es kein Problem ein Gaderoben-Markerl im einstelligen Bereich zu bekommen. Und: Die Leute ohne Jacke halten sich in Grenzen. Da ist wirklich noch niemand.The Clonious & Cid Rim produzieren Beats mit Jazz-Elementen der langweiligen Art. Vielleicht ist ja im Tunnel schon etwas los. Nein, erst in zehn Minuten Einlass. Im Dungeon ist nicht mehr los, die Musik aber erträglicher. Dort legt Die Hand auf, nicht prickelnd, aber okay.

Als es dann Mitternacht wird und Felix Kubin & James Pants eigentlich anfangen sollten, füllt sich auch der Publikumsbereich im Dom. Es dauert aber doch die obligatorischen elevatischen 40 Minuten bis der Deutsche mit seinem Schlagzeuger loslegen darf. Die Erkenntnis: Es geht nicht immer nur um die Tanzbarkeit der Beats. Es geht auch um Charisma und Sympathie. Felix Kubin macht einfach Spaß. Das ist Kreativität, Musikalität und Ausstrahlung vereint. Da funktioniert das Gesamtprodukt, die Masse weiß es zu danken und bewegt sich. Nicht exzessiv, aber mann kann ja nicht von Null auf 100. Aber die Grenzen werden zumindest ansatzweise ausgereizt. Eines ist aber klar: Wer an diesem Tag zuviel oder ungesund gegessen hat, hat seine Sünden am Ende des Sets noch nicht abgebüßt.

Das DJ Set von Biblio ist dann tanzbarer als die Vorgänger. Viel mehr Bewegung ist da aber noch nicht. Da fehlt es eben an der Ausstrahlung. Anders formuliert: an der Interaktion mit dem Publikum. Auch bei Elektronik-Festivals möchte das Publikum dann wahr- und ernst genommen werden. Auf die Bühne kommen, loslegen und am Ende ohne mit der Wimper zu zucken wieder weg zu sein – das tut man nicht.

Dorian Concept , Hoster des ganzen Abends, grüßt dann auch nicht – das macht da dann aber doch wieder weniger. Weil der Musiker versteht, es mit seinem ruhigen Einstieg und der stetigen Steigerung der Intensität das Publikum zu kitzeln. Auch das ist eine Art von Kommunikation. Wie hat der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick seinerzeit gesagt? "Man kann nicht nicht kommunizieren." Recht hat er. Grenzenlose Bewegung.

Dungeons & Dragons

Grundsätzlich war Bewegung angesagt, also nicht nur auf der Tanzfläche, sondern auch innerhalb des Grazer Schloßbergs, denn heute war ja auch erstmals der sogenannte "Dungeon" zugänglich. Und der Name war Programm. Bis auf wenige Projektionen war es dort dunkel. Was, wenn man die Beschaffenheit des Bodens dort (nicht) kennt, beim Tanzen Probleme machen kann. Getanzt wurde vorerst aber ohnehin wenig. T.W.a.t.E.o.T. war mehr etwas zum Zuhören und Verweilen. Mit Blood Music kam dann mehr Bewegung rein. So verstanden es die Briten wunderbar, Gitarre und Bass zu einer homogenen und äußerst ansprechenden Masse zu verschmelzen. Freilich nicht, ohne auf wohldosierte Akzentuierung zu verzichten.

Mit Didi Kern / Quehenberger kehrten Österreicher zurück auf die Bühne. Das Schlagzeug blieb, Gitarre und Bass wichen einem Keyboard, das alle Synthie-Stückerln spielte. Nicht übermäßig aufregend, aber gut. Die Besetzung schrumpfte abermals, als der heimliche Star des Abends auftrat. Cut Hands war rein optisch wenig spektakulär, weil der Protagonist nur noch an Reglern drehte - akustisch allerdings ein Genuss. Melodien mussten draußen bleiben, wurden aber keinesfalls vermisst. Die übriggebliebenen Beats wechselten das Tempo, schlugen Kapriolen und vereinten sich schließlich wieder. Sogar das Tanzen war anspruchsvoll.

Im Tunnel herrschte das DJ-Pult. Die Hand und Xosar blieben der elektronischen Schiene treu und boten verhältnismäßig leichte Kost. Eine dezente und liebevoll bespielte dreidimensionale "Leinwand" (Mapping, Anm.) setzte die Sounds in Person von Hand mit Auge gekonnt um. Es war ein großteils gelungener Abend. Nicht zuletzt deshalb, weil man bequem zwischen den drei Locations wechseln konnte und sich der Schloßberg einmal mehr als perfekte Bühne präsentierte.