Im Vorjahr besuchten Sie die Tage der deutschsprachigen Literatur für eine Reportage für den Bayerischen Rundfunk. Titel Ihres Verrisses: „Wie Deutschland sucht den Superstar für Streber“. Heuer treten Sie selbst an. Warum?
STEFANIE SARGNAGEL: Ich wurde von zwei Jurymitgliedern angefragt: von Sandra Kegel und Klaus Kastberger. Von alleine hätte ich mich nicht beworben, da ich ja keine langen Texte schreibe. Es ist mir urschwer gefallen. Die Einladung hat mich überrascht, ich bin doch eher in einer Subkultur-Szene und werde so gut wie nie von Literaturinstituten zu Lesungen eingeladen.


Also hat Sie der prominente Hochkultur-Literatur-Zirkus gar nicht abgeschreckt?
SARGNAGEL: Generell finde ich Prosalesungen immer anstrengend. Ich war ja nur kurz da, bin am Abend angekommen, kurz ausgegangen und habe am nächsten Tag zugehört. Abgeschreckt bin ich nicht. Ich sehe mich nicht in der Schriftsteller-Schriftsteller-Rolle, sondern eher als Humoristin. Das hat für mich auch einen starken sozialen Aspekt: Es gibt eine direkte Reaktion – die Leute lachen. Das würde ich mir auch in Klagenfurt wünschen.


Wer prägte Sie humortechnisch?
SARGNAGEL: Deix. Oder Rubinowitz: Seine Comics haben mir gezeigt: Hey, man kann auch absurde Cartoons machen. Und dann noch Hader, Dorfer, Düringer, Projekt X sowie Stermann und Grissemann – früher.


Lauter Männer.
SARGNAGEL: Ja, stimmt. Aber es gab auch kaum präsente starke weibliche Humoristen. Das kommt jetzt mehr.


Und worüber lachen Sie?
SARGNAGEL: Ich lache nicht sehr leicht. Wenn, dann über harten, tragikomischen, bösen Humor. Deix eben. Oder Heinz Strunk. Und über die britische Serie „Peep Show“. Das ist die lustigste Serie, die ich kenne.


Ihre Miniaturen entern Männerdomänen: Biertrinken oder Selbstbefriedigung. Beabsichtigt?
SARGNAGEL: Aber es sind doch fast alles Männerdomänen, nicht? Was wären klassische Frauendomänen? Kindergärtnerinnen? Models? Ich kenne in meinem Umfeld gar keine Frauen, die einem klassischen Weiblichkeitsklischee entsprechen. Daher war es mir lange Zeit nicht klar, wie provokativ manche Menschen das empfinden, was ich mache. Es war mir auch neu, wie viele Leute irritiert sind, dass meine Strumpfhose Löcher hat.


Von „Taz“ bis „Madonna“, von „Arte“ bis „Spiegel“: Es gibt kaum ein Medium, das im vergangenen Jahr nicht über Sie berichtet hat. Wie geht es Ihnen damit?
SARGNAGEL: Lange Zeit war alles subkulturell. Jetzt wollen die Leute etwas mit mir machen, auch Geschäfte. Ich bin es nicht gewohnt, mit allen immer in Geschäftsverhältnissen zu stehen. Auf meinen persönlichen Alltag hat es sich, bis auf mehr Lesereisen, noch nicht ausgewirkt. Ich habe aber das Gefühl, dass ich durch meine große Reichweite auf Facebook auch ein bisschen Macht habe. Wenn jemand etwas Deppertes über mich schreibt, kann ich etwas Deppertes kontern. Das gibt mir eine gewisse Unabhängigkeit. Es ist manchmal ermüdend, sich mit der Aggression von irgendwelchen Idioten beschäftigen zu müssen. Ich denke mir schon: Was rennen da draußen für bösartige Menschen, vor allem Männer, herum.


Welche Rolle spielt die Politik in Ihrem Leben?
SARGNAGEL: Ich bin kein politisch sehr gebildeter Mensch, der sich ideologisch verorten kann. Politische Gruppierungen gehen mir alle schnell auf die Nerven. Ich hatte aber schon immer einen starken Gerechtigkeitssinn.


Sie zelebrieren das Trägsein. Ist das Ihr gesellschaftspolitisches Statement gegen Leistungsdruck?
SARGNAGEL: So bin ich halt. Ich habe mir kein Konzept überlegt. Es wird oft als Verweigerungshaltung gelesen. Da ist natürlich Witz dabei, zu sagen, man will immer nur im Bett liegen. Ich versuche, etwas zu machen. Insofern habe ich Glück, dass mir so viel einfällt.