Eine am Montag im Madrider Prado-Museum eröffnete Ausstellung anlässlich des 500. Todestages des "Monstermalers" wird von einem Expertenstreit überschattet.

Der Kommissarin der Ausstellung, Pilar Silva, stand die Empörung ins Gesicht geschrieben, als sie dieser Tage bei der Präsentation der Schau - nach Organisatoren-Angaben die bisher größte und bedeutendste über den Künstler aus 's-Hertogenbosch (ca. 1450-1516) - im Prado vor die Journalisten trat.

Nein, man teile die Auffassung der Mitarbeiter des niederländischen "Bosch Research and Conservation Projects", die drei der sechs im Prado aufbewahrten Bosch-Gemälden jüngst die Echtheit aberkannt hatten, "überhaupt nicht".

"Die Polemik trübt das Jubiläum", schrieb "El Mundo". Bei den umstrittenen Kunstwerken handelt es sich um die Bilder "Die sieben Todsünden", "Die Heilung vom Wahnsinn (Die Steinoperation)" und "Die Versuchung des Heiligen Antonius".

Fraglich: "Die sieben Todsünden"
Fraglich: "Die sieben Todsünden" © Prado

Silva zeigte im Prado auf die Tischplatte mit der Darstellung der "sieben Todsünden" und sagte: "Niemand außer "El Bosco" (wie Bosch in Spanien genannt wird) wäre in der Lage gewesen, ein solches Werk zu schaffen." Die Argumente der Niederländer "überzeugen uns einfach nicht", meinte auch der stellvertretende Museumsleiter Miguel Falomir kategorisch.

Bei der Eröffnungszeremonie ließen sowohl der spanische König Felipe VI. und Gattin Letizia wie auch Prinzessin Beatrix der Niederlande die Polemik allerdings unerwähnt. Die Tausenden Besucher, die die Schau zwischen diesem Dienstag und dem 11. September besuchen werden, werden dem Streit bei ihrer "Reise" durch die ebenso rätselhafte wie beunruhigende Welt der Sinnestäuschungen, Illusionen und Sünden, der Fabelwesen, Ungeheuer, Dämonen, Engel und Heiligen, die Bosch in der Zeit des Übergangs vom Mittelalter zur Renaissance kreierte, sicher auch kaum Bedeutung beimessen.

Der spanische Dichter Rafael Alberti sagte, Bosch sei "der größte Schöpfer von Träumen und Alpträumen, die sich für immer in unser Gedächtnis eingeschlichen haben". Er wird vor allem an das Spitzenwerk des Malers, "Der Garten der Lüste", gedacht haben, das in Madrid ebenso zu sehen ist wie andere wichtige Triptycha, darunter "Die Versuchung des Heiligen Antonius", eine Leihgabe des Museu Nacional de Arte Antiga von Lissabon - nicht zu verwechseln mit dem erwähnten gleichnamigen, umstrittenen Bild.

Leihgaben auch aus Wien

Im Prado wurden auch dank von Leihgaben aus aller Welt, darunter aus Wien, Berlin, Paris und New York, 21 der 25 Gemälde von Bosch und insgesamt über drei Viertel des erhaltenen Oeuvres des Künstlers zusammengetragen. Zu bewundern sind zum Beispiel acht Zeichnungen, aber auch zahlreiche Gravuren, Miniaturen und Schnitzereien sowie Gemälde und andere Kunstwerke von Zeitgenossen wie Adriaen van Wesel. Dem Besucher soll verständlich gemacht werden, in welchem Kontext die Kunst von Bosch seinerzeit entstand.

Der Besucher wird im Prado hässliche Gnome, Trichter auf zwei Beinen, hämisch lachende Teufel und Kröten sehen, die auf Gesichtern hocken. "El Bosco war für seine Schreckenswelt bekannt, aber er war viel mehr. Er war ein origineller Maler, der in seiner Zeit die Technik und Ikonographie neu erfindet", meint Kommissarin Silva.

Die Ausstellung ist in fünf thematische Bereiche wie "Hölle" und "Sünden" gegliedert, ein sechster Sektor ist den Zeichnungen gewidmet. Große Teile der Schau waren zuvor bereits im Noordbrabants Museum im niederländischen 's Hertogenbosch zu sehen. "Hieronymus Bosch - Visionen eines Genies" wurde zwischen dem 13. Februar und dem 8. Mai von 420.000 Menschen besucht. "Der Garten der Lüste" wurde vom Prado allerdings nicht ausgeliehen.