Bewegt man sich im hintersten Teil der Giardini auf den Österreich-Pavillon zu, sticht zunächst jener 18 Meter lange Betonblock ins Auge, den Kommissärin Elke Delugan-Meissl vor den Hoffmann-Pavillon gesetzt hat. Gleich einer langen Tafel lädt er ein, zu verweilen und zu kommunizieren. Gemeinschaftsbildung steht auch im Zentrum der von drei Architekturbüros entwickelten "Orte für Menschen".

Diese Orte finden sich freilich nicht in Venedig, sondern in Wiener Flüchtlingsheimen der Caritas, die von den Büros next ENTERprise, Caramel und EOOS mit unterschiedlichen Interventionen aufgewertet werden. Thomas Drozda, der auf der 15. Architekturbiennale von Venedig am Donnerstag seinen ersten offiziellen Termin als SPÖ-Kulturminister absolvierte, lobte bei der Pressekonferenz eingangs seinen privat angereisten Vorgänger Josef Ostermayer für die Bestellung Delugan-Meissls, woraufhin dieser spontanen Zwischenapplaus erhielt.

"Die heute vorgestellten Projekte gehen deutlich über das hinaus, was am Beginn der Ankunft der Flüchtlinge steht, wenn sie in Zelten und Containern untergebracht werden", so Drozda. "Die nunmehr präsentierten Interventionen haben damit zu tun, Menschen willkommen zu heißen und sind auch ein erster Schritt zur Integration." Delugan-Meissl strich in ihrem Statement einmal mehr die "immense Chance, sich auf der Biennale aktuellen Fragestellungen zu widmen, statt Nabelschau zu betreiben", hervor. Ihr sei es von Beginn an ein Anliegen gewesen, hier die soziale Verantwortung der Architektur in den Fokus zu rücken.

Der Pavillon in Venedig bleibt dabei eine über sich selbst hinausweisende Außenstelle. Die im Vorjahr von Heimo Zobernig entwickelte Rauminstallation hat man aus atmosphärischen Gründen belassen, wie Kuratorin Sabine Dreher von Liquid Frontiers erläuterte. In dem klaren, aber dunklen Setting findet sich im ersten Raum gleich einer Spiegelung der Beton-Tafel draußen eine Installation von übereinandergestapelten Postern, auf denen der Fotograf Paul Kranzler die Prozesse in Wien höchst subjektiv und intim festgehalten hat. Die Besucher können und sollen sich die A0-Poster auch mit nach Hause nehmen und so ein Stück Flüchtlingsarbeit ins eigene Heim holen.

Dahinter, auf der Seite des begrünten Innenhofs, findet sich schließlich die dritte Tafel, diesmal aus Holz, auf der die drei Büros ihre Arbeiten präsentieren. next ENTERprise zeigt einen Film über ihre mobile "Raum-im-Raum"-Intervention für ein entstehendes Flüchtlings-/Studentenheim in der ehemaligen Siemens-Zentrale in Wien-Favoriten. Den Bausatz für ihr Projekt in einer Notunterkunft in Rudolfsheim-Fünfhaus präsentieren Caramel-Architects: Die Schirme, Stoffe und Leselampen verwandeln nüchterne ehemalige Großraumbüros in kleinteilige private Rückzugsorte für geflüchtete Menschen. Einen Einblick in ihr partizipatives Möbelbauprojekt liefert schließlich das Designbüro EOOS, das gemeinsam mit Flüchtlingen in Wien-Erdberg an mobilen Küchenelementen baut und mit der Schaffung von Geschäftsflächen im Quartier ein spannendes Modell von Gemeinwohlökonomie erarbeitet.

Wer mehr über die drei Projekte sowie weitere Best-Practice-Beispiele in ganz Österreich wissen will, kann sich eine eigens produzierte Zeitung mitnehmen, in der mehr über die Interventionen zu erfahren ist. Besuchen kann man die Flüchtlingsheime in Wien nicht, da sich die architektonischen Interventionen in den Privaträumen der Menschen finden. In diesem Fall reicht jedoch das Wissen, dass Elke Delugan-Meissl und ihre Teams einen Beitrag zur Verbesserung der prekären Lebensumstände zahlreicher geflüchteter Menschen geleistet haben und weiterhin leisten werden.

Caritas-Präsident Michael Landau, dessen Mitarbeiter die Flüchtlingsheime in Wien betreuen, erinnerte bei der Pressekonferenz in den Giardini daran, dass "ein Dach allein zu wenig ist" und freute sich über die Ansätze, die im Rahmen der Biennale geschaffen wurden. Die Häuser seien freundlicher und menschenwürdiger geworden. Kleine Adaptierungen hätten es den Menschen geholfen, "ein Stück anzukommen." Selten sei ihm derart bewusst geworden, welche Einfluss Architektur auf Wohlbefinden habe. Zahlreiche Herausforderungen würden jedoch noch auf unsere Gesellschaft zukommen: "Die Welt ist zu einem globalen Dorf geworden. Was jetzt ansteht, ist eine Globalisierung des Verantwortungsbewusstseins." Und angesichts der von den Büros angestoßenen Prozesse: "Was sich bewährt, wird sich vermehren!"