In seiner Grafikserie "Los Caprichos" (Launige Einfälle) zeichnete Francisco de Goya (1746-1828) das Bild einer dekadenten Gesellschaft, in der Gewalt, Armut, Aberglaube und Habgier das Verhalten der Menschen bestimmen. Obwohl zu Lebzeiten des Visionärs nur in 27 Exemplaren verkauft, gelten die Bocksprünge von Goyas düsterer Fantasie heute als Ikonen der Kunstgeschichte, insbesondere das Blatt "Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer". Es zeigt  den über seinem Zeichentisch eingeschlafenen Künstler, der von vogelartigen Ungeheuern bedrängt wird. Auch in den übrigen Radierungen des Zyklus wimmelt es nur so von Hexen, Kobolden, lüsternen Greisen und Eselsmotiven, die als bitterböse Kritik an der spanischen Gesellschaft um 1800 verstanden werden dürfen.
Die "Caprichos" sind einer von vier Grafikzyklen Goyas, die ab heute Abend (Ab 19 Uhr) in der Künstlerstadt Gmünd zu bewundern sind - neben ausgewählten Werken aus den "Desastres de la Guerra" (Schrecken des Krieges), "Disparates" (Torheiten) und der "Tauromaquia" (Stierkampf). Zu verdanken ist dies einmal mehr Erika Schuster, der rührigen Geschäftsführerin der Kulturinitiative Gmünd, die seit 1996 regelmäßig mit großen Künstlernamen ins Liesertal lockt. "Nach dem diesjährigen Erfolg von ,Dürer in Gmünd' steht wieder ein weltberühmter Meister der Druckgrafik mit seinen Originalradierungen im Mittelpunkt der großen Schau im Turm", freut sich die Kulturmanagerin über ihren jüngsten Coup und verweist darauf, dass die Serie der "Caprichos" hierzulande "erstmals in ihrer Vollständigkeit zu sehen sein wird". Rund 200 Jahre nach ihrer Entstehung seien Goyas Radierungen "noch immer hochbrisant" und würden die "geniale Gestaltungskraft und Experimentierfreude" dieses Wegbereiters der Moderne vor Augen führen.

Begleitend zur Ausstellung, die mit deutschen Partnergalerien auf die Beine gestellt wird, werden bis 2. Oktober auch Vorträge, Filmvorführungen und eine intensive Kunstvermittlung Einblicke in Leben und Werk des großen Aragonesen ermöglichen.