Red-Bull-Boss Didi Mateschitz hat genug und zieht knapp sieben Jahre nach Sendestart die Reißleine bei Servus TV, seinem Privatsender mit den stagnierenden Marktanteilen. Um 10.07 Uhr sorgte ein E-Mail an Österreichs Redaktionen für riesiges Erstaunen. Darin heißt es unter dem Titel "Servus TV stellt Betrieb ein":

Servus TV wurde im Jahr 2009 als Sender mit hohem Anspruch an Qualität und Unterhaltung gestartet. Obwohl wir Jahr für Jahr einen nahezu dreistelligen Millionenbetrag in Servus TV investiert haben, lässt sieben Jahre nach Einführung die aktuelle Markt- und Wettbewerbssituation keine wirklich positive Entwicklung erwarten. Der Sender ist daher für unser Unternehmen wirtschaftlich untragbar geworden. Wir haben uns der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes entsprechend entschlossen, den Betrieb von Servus TV einzustellen. Die Veränderungen am globalen Medienmarkt bestärken uns in dieser Entscheidung, weil digitale Angebote die klassischen, linearen Programme verdrängen. Der Sendebetrieb wird bis auf weiteres uneingeschränkt weiter laufen.

Wenn jemandem so ein ungewohnt radikaler Schnitt zuzutrauen ist, dann Didi Mateschitz. Mit Servus TV ließ er 2009 einen TV-Kanal kreieren, dessen Programmschema exakt seinem Geschmack entspricht. Bald sieben Jahre sah der Milliardär seinem Sender beim Wachsen zu, allerdings wurde sein Baby nicht und nicht größer. Zuletzt gingen die ohnehin geringen Marktanteile sogar zurück. Im April hielt man bei 1,5 Prozent. Zum Vergleich: ORF 2 kommt auf 22,5 Prozent, ORF eins auf 10,7 und Puls 4 auf 3,6.

246 Mitarbeiter gekündigt

Während die Quoten klein blieben, kam es in den letzten Wochen zu immer größeren Personalrochaden, aber auch die brachten nicht den gewünschten Turnaround. Die Situation verschärft hat eine angekündigte Betriebsratsgründung, die Mateschitz Skepsis nur noch weiter vergrößerte. Dazu der 71-Jährige in einer Aussendung: "Unabhängigkeit, Eigenständigkeit und Unbeeinflussbarkeit insbesondere durch politische Parteien, egal welcher Richtung, war von Anfang an ein tragender Pfeiler von Servus TV. Die Betriebsratsgründung hätte diese Werte insbesondere durch die Art und Weise ihres Zustandekommens – anonym, unterstützt von Gewerkschaft und Arbeiterkammer – nachhaltig beschädigt. Dass diese Vorgehensweise bei der Entscheidung in der aktuellen Situation des Senders nicht gerade dienlich war, ist evident."

Am Vormittag wurde das Ende des Senders mit Ende Juni verkündet, auch wenn es Mateschitz das "Herz gebrochen" haben soll. Allerdings will er erkannt haben, dass Servus TV nicht mehr flott zu bekommen sei. Laut "Salzburger Nachrichten" seien bereits alle 246 Mitarbeiter gekündigt wurden. Auch eine entsprechende AMS-Meldung gebe es bereits. Die Mitarbeiter reagierten geschockt, traurig und verzweifelt, viele stünden vor dem Nichts.

Keine Bestätigung

"Wir können den 30. Juni nicht bestätigen", heißt es dazu allerdings im Unternehmen und ergänzt: Den "genauen Zeitplan" für die Einstellung des Servus-TV-Betriebs "werden wir professionell und gemeinsam mit unseren Mitarbeitern und Partnern erarbeiten"

Keine Verlässlichkeit

Das größte Problem seit 2009 war, dass Servus TV für sein Programm zwar allerorts geschätzt und gefeiert wurde, allerdings wollten es viel zu wenige auch wirklich sehen. Nun wird der Sender wohl erst so richtig vermisst werden, wenn er gänzlich von der Bildfläche verschwunden ist: So wird es Montagabend keinen Sporttalk mehr geben ("Sport & Talk im Hangar-7), mittwochs kein "Terra Mater", viel weniger Dokumentationen aus der Heimat, weniger Live-Sport (Eishockey, Moto GP) u.v.m. Jedoch ist es Servus TV auch nie gelungen, verlässliche Programmfarben zu kreieren: Sieht man über "Terra Mater", "Talk im Hangar" und Live-Sport hinweg, wusste man nie so genau, welches Programm wann gezeigt wird. Bis Ende Juni kann man sich noch ein Bild machen ....

Bestürzung allerorts

Alfred Grinschgl, Geschäftsführer des Fachbereichs Medien der RTR-GmbH, nahm die Nachricht mit Bestürzung zur Kenntnis: "Servus TV war ein privates Fernsehprogramm, das mit inhaltlich und technisch hochwertigen Produktionen in erheblichem Maß zum public value auf unserem TV-Markt beigetragen hat", so Grinschgl. "Die Einstellung des Programms ist ein erheblicher Verlust für die österreichische Medienlandschaft. Wir denken dabei aber auch an die vielen Mitarbeiter, die sich mit Herzblut für das Programm eingesetzt haben."

Auch Ernst Swoboda, Vorstandsvorsitzender des Verbandes Österreichischer Privatsender (VÖP), reagiert schockiert: "Servus TV steht seit sieben Jahren für ein äußerst hochqualitatives Programmangebot. Der Sender ist damit ein wichtiger Teil des österreichischen Medienmarkts. Die Entscheidung des Eigentümers, den Sender aus wirtschaftlichen Gründen einzustellen, muss natürlich respektiert werden. Aber diese Entscheidung ist ein scharfes Alarmsignal für die österreichische Medienpolitik. Denn die derzeitigen Rahmenbedingungen behindern nach wie vor massiv die Entwicklung eines wirtschaftlich tragbaren, privaten Rundfunkmarkts. Das Ende von Servus TV ist die bittere Konsequenz, wenn ein Sender hochqualitative, teilweise öffentlich-rechtliche Inhalte privat finanzieren muss, während die öffentlich-rechtliche TV-Anstalt mit Gebühren Kommerz-TV betreibt."

Noch deutlicher wird Markus Breitenecker, Puls 4-Chef und  stellvertretender VÖP-Vorstandsvorsitzender: "Die Schieflage im österreichischen Rundfunkmarkt ist bereits jetzt enorm stark ausgeprägt und hat sich heute noch weiter verschärft. Jetzt ist der Zeitpunkt für Österreichs Medienpolitik, um zu handeln. Staatliche Subventionen müssen stärker in journalistische Qualität investiert werden. Es kann nicht länger sein, dass öffentliche Gelder für teure Sportrechte oder Hollywoodfilme verwendet werden, die der Markt auch ohne staatliche Beihilfen finanzieren kann. Es braucht dringend eine präzisere Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags, die den ORF stärker auf Public Value Inhalte fokussiert."