Seit elf Jahren haben sie sich nicht mehr gesehen, miteinander gesprochen sogar seit zwölf Jahren nicht: Christoph Grissemann und Dirk Stermann haben sich entfremdet. Das große österreichische Komikerduo hat auf seine alten Tage alles verloren, nur nicht die Abneigung voreinander. Beste Voraussetzungen also für den Broadwayklassiker "Sonny Boys", dessen Adaption gestern im Rabenhof gefeiert wurde.

Hier verschwimmen, wie könnte es anders sein, Realität und Fiktion in köstlicher Weise: Witze über Dackelfaschiertes und Parodien auf "Andi und Alex" gibt es in der nicht allzufernen Bühnenzukunft nämlich längst nur noch in Fernsehwiederholungen, während ein missmutiger Grissemann sichtlich gezeichnet vom Leben auf seiner Couch lümmelt und Roulette spielt. An den Glanz alter Tage erinnern nur diverse Auszeichnungen, von der Romy bis zum "Kattowitzer Kaktus". Und Jobs bekommt er sowieso schon lange keine mehr.

Dieses Leid klagt er seiner Cousine und Managerin Magda (Magda Kropiunig) ausführlich: Während auf dem Titelblatt der Theaterzeitschrift "Bühne" Otto Schenks 100. Geburtstag gewürdigt wird, müsse er hier vergammeln. "Dabei hasst jeder Otto Schenk!" Als er dann doch ein scheinbar rettendes Angebot serviert bekommt, hat er erneut zu schlucken: Mit Ex-Partner Stermann ein Comeback in einer Fernseh-Jubiläumssendung über Komik? "Nein, nein, nein!", entfährt es dem leicht angegrauten Grissemann in Pyjamahose und Morgenmantel. Da braucht er schnell einen Schluck Bier.

Was danach kommt, ist bekannt: Neil Simons Stück wird in dieser Bearbeitung konsequent als Rahmenhandlung verwendet, die die beiden Protagonisten schließlich doch - mehr schlecht als recht - wieder zusammenführt. Auf dem Weg dahin wird aber kein Seitenhieb auf die Kollegenschaft oder eigene Karriere ausgelassen. Da mutiert Roland Düringer "vom Autonarren zum Gartenzwerg", ist vom "einohrigen Banditen Lauda" die Rede, der die ach so ersehnten Werbeaufträge abstaubt, und wird an die Erfolge beim Jugendsender FM4 erinnert - "den hört aber niemand mehr".

Das erste Aufeinandertreffen der Protagonisten ist schließlich deutlich unterkühlt, wobei allen voran Grissemann in dieser Inkarnation dank eines ziemlich hysterischen Einschlags zu überzeugen weiß. Selbstreferenziell, schlagfertig und dank Stermanns spezieller Aussprache ziemlich feucht, hangelt man sich bis zur TV-Aufzeichnung, bei der Ex-Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann (per Video) und Moderator Peter Rapp (in echt) kurze Auftritte haben. Ersterer darf als Regisseur Dinge sagen wie "Wissen die denn nicht, wer ich bin?" oder "Das ist verdammt hart, Mann!". Die Wiederbelebung der "Deutschen Kochschau" gelingt aber auch unter seiner Anleitung nicht.

Letztlich bleiben diese "Sonny Boys" eben lieber unter sich, mit Ausnahme von Kropiunig, die als Stichwortgeberin gute Figur macht und der Dynamik zwischen den beiden Komikern eine zusätzliche Tiefe gibt. Und man erfährt, dass hinter Gehässigkeit doch auch Zuneigung stecken kann. Die reduzierte Inszenierung von Rabenhof-Chef Thomas Gratzer sowie die temporeiche Fassung von Matthias Jodl tragen das ihrige zum gelungenen Abend bei. Als grantelndes Altherrenduo kann man sich Stermann und Grissemann ja nicht erst seit gestern vorstellen. Nun hat man aber ein konkretes Bild dazu: Diese "Sonny Boys" sind ehrlich bis zur Unterhose, wie Grissemann beim Schlussapplaus vor Augen führte.

Christoph Griessner/APA