Starkes Finish im letzten Drittel, würde man im Sport sagen. Nach anfänglichen Schwächen schwang sich die Premiere von Leos Janaceks Spätwerk "Vec Makropulos" an der Wiener Staatsoper mit dem 3. Akt doch noch zum Erfolg auf. Peter Steins letztlich brave Inszenierung des Werks, das die Grundsatzfrage nach dem ewigen oder zumindest langen Leben in den Mittelpunkt stellt, wurde umjubelt.

Lügengebäude

Symptomatisch für den gesamten Abend steht die Leistung von Laura Aikin bei ihrem Rollendebüt in der Titelpartie der Emilia Marty, der als Jugendliche im 16. Jahrhundert ein lebensverlängerndes Mittel verabreicht wurde und die sich so über die Jahrhunderte zur desillusionierten, vom Leben entfremdeten Diva entwickelt hat. Leider merkt man der US-Amerikanerin Aikin lange Zeit an, dass sie die Diva spielt und nicht ist.

Im finalen Akt, in dem das Lügengebäude zusammenbricht, gelingt ihr jedoch, jene Aura aufzubauen, an der es zuvor gemangelt hatte. Wenn zum Schluss Emilia im Walking-Dead-Stil als Untote mit Maske auf die Bühne kommt, ihre 337 Lebensjahre im Gesicht tragend, läuft die Sopranistin zu Hochtouren auf.

An der Seite der Langlebigen lieferten ihre Sidekicks wie der Einspringer Ludovit Ludha oder Rollendebütant Markus Marquardt insgesamt solide Leistungen, hatten allerdings allesamt mit den teils allzu mächtigen Klängen aus dem Graben zu kämpfen. In der Fortsetzung des Janacek-Zyklus im Haus am Ring führt Jakub Hrusa das Staatsopernorchester überraschend symphonisch-breit durch die Partitur.

Die charakteristischen Motivschnipsel Janaceks werden unter dem 34-jährigen Tschechen zusammengeklebt, einem großflächigen Bogen eingeordnet. Fein nuanciert und mit kammermusikalischem Farbenreichtum ausgestattet ist hier nur wenig. Entsprechend müssen sich die Sänger teils vergeblich mühen, über das Orchester zu kommen.

Routinierte Personenführung

Weniger pompös als der Orchesterklang zeigt sich erwartungsgemäß die Inszenierung von Regie-Veteran Peter Stein, der eine routinierte Personenführung in einem naturalistischen Sujet der 1920er umsetzt. Das Bühnenbild (Ferdinand Wögerbauer) setzt dabei auf historische Authentizität bis hin zum letzten gedrechselten Stuhlbein im Anwaltsbüro. Auch hier ist das dritte Bild, das Appartement Emilia Martys, das weitaus stärkste, das gewissen Raum für kreative Freiheit lässt.

In der Bilanz eröffnet sich mit dem neuen Staatsopern-Projekt endlich die Gelegenheit, das intelligente Janacek-Werk knapp 90 Jahre nach seiner Entstehung endlich am Ring zu hören, auch wenn es in der musikalischen Balance durchaus noch Luft nach oben gibt. Dann kann auch diese Inszenierung ein langes Leben im Repertoire führen.