Bereits drei Jahre nach Erscheinen ihres Debütromans wurde Cornelia Travniceks "Chucks" verfilmt. Ein Gespräch über die Weltpremiere in Montreal, ihre Erfahrungen in der Filmwelt, ihr Scheitern als Jungunternehmerin und über "Junge Hunde", ihren neuen Roman, der am 12. Oktober erscheint.

Frau Travnicek, wie war es in Montreal?

Cornelia Travnicek: Ich war zum ersten Mal bei einem ausländischen Filmfestival. Für mich war es daher sehr spannend. Man wohnt dort in einem Hotel, in dem alle untergebracht sind, und hat jede Menge Möglichkeiten, Leute kennenzulernen. Der Filmbetrieb war mir ja völlig fremd. Spannend waren die Screenings, bei denen ich zum ersten Mal die Reaktionen des Publikums gesehen habe. Darauf habe ich fast mehr geachtet als auf den Film.

Ganz offenbar hat er funktioniert, denn er hat ja den Publikumspreis bekommen.

Travnicek: Er hat viel Applaus bekommen und auch beim Q&A waren die Leute sehr angetan. Aber dennoch war der Preis überraschend.

Was sind die größten Unterschiede zwischen Film- und Literaturbetrieb?

Travnicek: Es geht sehr viel professioneller zu. Schreiben ist eine Tätigkeit, die man alleine ausübt, einen Film zu produzieren ist eine Crew-Angelegenheit. Ich muss dafür Produzenten und Geldgeber kennen, Kameraleute und Schauspieler. Wirtschaftlich und im Networking ist das viel intensiver als im Literaturbetrieb.

Wie kam es zu dem Filmprojekt?

Travnicek: Wir haben uns persönlich kennengelernt, ehe der Vertrag abgeschlossen wurde. Gerhard (Ertl) und Sabine (Hiebler) haben um die Rechte angefragt und gesagt, sie wollen mich kennenlernen. So sind wir ganz einfach ins Amerlinghaus gegangen und haben ganz gemütlich geplaudert und festgestellt, wir können uns sehr gut leiden. Dann hab' ich gesagt: Macht nur, ihr wart mit eurem letzten Film sehr erfolgreich und habt eine ähnliche Geschichte schon einmal sehr gut bearbeitet. Ich habe vollstes Vertrauen. Mir war klar, dass es einer Übersetzung des Stoffes von einem Medium ins andere bedarf. Ich durfte dann verschiedene Versionen des Drehbuches lesen und meine Meinung dazu abgeben. Ich war dann vor allem als Informantin tätig, da haben wir auch Dinge durchbesprochen, die in meiner Geschichte nicht drinnenstehen.

Waren Sie auch beim "Chucks"-Dreh Teil der Film-Family?

Travnicek: Ich bin ja im Film zu sehen, d.h. ich war zwei-, dreimal am Set dabei. Ich hab' mich nicht reinreklamiert, sondern es war die Idee von Gerhard und Sabine, die mir das angeboten haben. Die Abschlussszene ist eigentlich ein netter kleiner Witz.

Da lassen Sie sich von der Hauptdarstellerin Ihr eigenes Buch signieren. Mich hat gewundert, dass der Film das so autobiografisch erzählt.

Travnicek: Das muss wohl so sein. Leute mögen runde Geschichten. Für den Film ist es natürlich super, das so rund abzuschließen. Auch, weil die andere Beziehungsgeschichte zwischen Jakob und Mae nicht so gewichtig ist im Film. Die Struktur des Buches war filmisch nicht wirklich abbildbar. Die Dynamik ist einfach ganz anders.

Ich habe den Roman nicht derart als Romanze in Erinnerung. Manchmal schrammt er nur knapp am Kitsch vorbei.

Travnicek: Ich glaube, Kino ist im Allgemeinen etwas pathetischer als Literatur. Gerhard und Sabine war es sehr wichtig, das Lebensbejahende herauszustellen.

Sie haben knapp nach dem Erscheinen von "Chucks" eine "tea-licious" Bubbletea Boutique in Krems aufgesperrt. Gibt's die noch?

Travnicek: Die gibt es nicht mehr. Die ersten Monate hat es hervorragend funktioniert, aber nach zehn Monaten mussten aufgrund der schlechten Presse nach einer nie überprüften Meldung aus Deutschland, wonach da etwas Gefährliches drinnen sei, eigentlich so gut wie alle Geschäfte dieser Art in Österreich schließen. Meine Lehre daraus: Gastronomie - nie wieder! Wenn das Geld von der Bank geliehen gewesen wäre und nicht von Bekannten und Familie, wäre das ein persönlicher Bankrott gewesen. Ich kenne Leute, die haben deswegen Privatkonkurs angemeldet.

2012 gewann Cornelia Travnicek (ganz l.) beim Bachmann-Preis den Publikumspreis
2012 gewann Cornelia Travnicek (ganz l.) beim Bachmann-Preis den Publikumspreis © dapd

Beim Bachmann-Preis 2012 haben Sie einen Auszug aus Ihrem in Kürze erscheinenden neuen Roman "Junge Hunde" gelesen. Auch dort bekamen Sie einen Publikumspreis. Warum hat es so lange bis zum Erscheinen des Buches gedauert?

Travnicek: Was ich damals gelesen habe, war einer der ersten Teile, die für das Buch überhaupt entstanden sind. Aus dem vorzulesen und dann dafür auch noch eine Auszeichnung zu bekommen, hat den Schaffensprozess gebremst. Zwischendurch war ich ein paar Monate auf Bildungskarenz, hab' meinen Studienabschluss gemacht und ein Geschäft zu schließen gehabt - es ist einiges passiert in den vergangenen drei Jahren.

In "Junge Hunde" schreiben Sie auch von einem chinesischen Adoptivkind, das in Österreich aufgewachsen ist. Als es auf der Suche nach seinen Wurzeln nach China reist, hat es das Gefühl, keiner versteht sein Chinesisch. Steckt da auch eine Erfahrung der Sinologie-Studentin Cornelia Travnicek mit drinnen?

Travnicek (lacht): Man muss sich vorstellen, dass China sehr groß ist, mit sehr vielen Ethnien, verschiedenen Sprachen und Dialekten. Je weiter man sich aufs Land begibt, desto weniger sprechen die Leute das Hochchinesisch, das Mandarin.

Worum geht's in dem neuen Roman?

Travnicek: Ganz allgemein geht es um zwei Familien, die an verschiedenen Stellen miteinander verbunden sind. Und es gibt noch einiges mehr an Familienkonstellationen, die unterschiedlichste Möglichkeiten abbilden.

INTERVIEW: WOLFGANG HUBER-LANG