Die tragische Klettersaison 1996, bei der ein Wetterumschwung zwei Expeditionen beim Abstieg vom Gipfel des Mount Everest überraschte und acht Bergsteigern das Leben kostete, liegen der wuchtigen 3D-Produktion zugrunde. Sich der Dramatik der wahren Geschichte bewusst, beschönigt oder sentimentalisiert Kormakur ("Contraband") nichts, zeichnet bedacht, historisch präzise und doch emotional die Tragödie nach und führt eindrücklich die gefährliche Kommerzialisierung des Everest vor Augen.

Getragen wird der Film, der am 17. September in den österreichischen Kinos startet, von einem bis in die Nebenrollen hochkarätig besetzten Cast, darunter Jason Clarke und Jake Gyllenhaal als erst konkurrierende, dann kooperierende Expeditionsführer Rob Hall und Scott Fischer mit dem Wunsch, ihre teils leichtsinnigen Kunden auf den begehrten Gipfel zu bringen. Josh Brolin und John Hawkes bleiben als gegensätzliche Amateur-Gipfelstürmer dabei ebenso nachhaltig in Erinnerung wie Emily Watson, Keira Knightley und Robin Wright als emotionale Unterstützung fernab des Gipfels.

"Ich wollte die Geschichte eines Ensembles erzählen", erklärte Kormakur bei der Pressekonferenz im Vorfeld der Uraufführung am Mittwoch seinen Ansatz, mitunter auch die Geschehnisse im Basecamp bzw. in der zurückgelassenen Heimat zu erzählen. "Der Großteil der Aufzeichnungen, die es über dieses Ereignis gibt, sind Augenzeugenberichte aus jeweils nur einer Perspektive. Wir haben versucht, möglichst viel über möglichst viele der Protagonisten zu erfahren."

Genau das gehe aber auch mit einer "gewaltigen Verantwortung" einher, pflichtete ihm Jake Gyllenhaal bei, der sich zur Vorbereitung auf seine Rolle mit den Kindern des verunglückten Scott Fischer getroffen hat. "Sie waren besorgt, wie ihr Vater dargestellt werden würde", erinnerte sich der 34-jährige Schauspieler. "Es war essenziell, sich mit ihnen hinzusetzen und ihren Vater durch ihre Erzählungen kennenzulernen." Bei der Darstellung selbst sei es ihm und dem gesamten Filmteam dann weniger um Imitation gegangen, sondern darum, "die Essenz dieses Menschen, dieser Expedition, aller Involvierten" einzufangen.

Dazu gehöre auch, vermeintliche Fehler und Schattenseiten zu zeigen, so Kormakur. "Das macht die Figuren nur menschlich, und unseren Film so real und wahrhaftig wie möglich." Seinen Schauspielern hat er dafür einiges abverlangt, wurde doch kaum mit Green Screen gearbeitet und stattdessen in körperlich schwer erträglichen Höhen und Temperaturen am Fuße des Everest in Nepal und in den Dolomiten gedreht. "Natürlich können wir dieses Erlebnis nicht eins zu eins rekreieren, nicht tatsächlich den Mount Everest besteigen", meinte Josh Brolin. "Aber der Ansatz war schon der, so viel Unbehagen und Angst wie möglich in uns zu erzeugen." Allein der Dreh in Val Senales sei "eine isolierende Erfahrung" gewesen, bei der manch "kleine, nein große Persönlichkeiten" aneinandergerieten. "Es gab Tage, da wollten Jake und ich uns nicht sehen."

Einen Preis in Venedig gibt es für all den Einsatz jedoch nicht: "Everest" läuft beim Festival nämlich außer Konkurrenz. Im Hauptwettbewerb konkurrieren 21 Beiträge bis 12. September um den Goldenen Löwen. Eine klare Vorstellung von dem, was ihn erwartet, hat der diesjährige Jurypräsident Alfonso Cuaron nicht. "Das wäre keine gesunde Herangehensweise", meinte der mexikanische Regisseur ("Gravity") im Vorfeld der Eröffnung. Er wolle vielmehr aufgeschlossen an die Sache herangehen, auf "Vielfalt an Ideen, Ausdrucksformen und diverse Facetten des Kinos" achten.