So zeigte sich Co-Intendant Mario Steidl "total zufrieden" mit der diesjährigen Ausgabe. "Das Niveau war sehr hoch, und wir hatten eine sehr bunte Mischung, von Improvisation bis zu Komposition", betonte er gegenüber der APA. Selbst die kurzfristige Absage von Thomas de Pourquery für den Schluss-Slot am Samstag konnte man gut kompensieren, mit Einspringer Michael Riessler und seinem Trio fand man eine "perfekte Lösung, das war wirklich ein Highlight".

Als solches durfte man auch den Auftritt des Fire! Orchestra bezeichnen: Während sich die spätsommerliche Hitze rund um den Congress in der Pinzgauer Stadt unbarmherzig zeigte, steuerte auch die Stimmung im Inneren auf einen frühen Siedepunkt zu. Die 18-köpfige, schwedisch-norwegische Formation um Saxofonist Mats Gustafsson, die ursprünglich als Trio gegründet wurde, brach wie eine Urgewalt über das Auditorium herein. Freie Strukturen, Anleihe an Postrock und Funk, flirrende Crescendi sowie ein Gespür für die richtige Portion Eingängigkeit verliehen dem einstündigen "Ritual", wie der Auftritt übertitelt war, eine ganz eigene Atmosphäre.

Den Schnittpunkt aus "Heimweh und Weh an der Heimat" stellte danach Christian Muthspiel in den Fokus. Anreiz dafür war der 75. Geburtstag des 2001 verstorbenen Jazzmusiker und Komponisten Werner Pirchner, den dieser am 13. Februar gefeiert hätte. Als "Quergeist und musikalisches Chamäleon" würdigte der steirische Posaunist und Pianist seinen Vorgänger, ging aber vor allem auch seiner humoristischen Ader auf den Grund und übersetzte diese in seine eigene Sprache.

So begann er gemeinsam mit Vibraphonist Franck Tortiller und Bassist Jerome Harris seine Hommage bei dem verspielten "Homesick", führte mit Spielzeugpiano und viel Charme durch das elegische "Little Waltz For My Baby" und lief spätestens beim gleichermaßen subtilen wie sperrigen Stück "Against The Wind" zu Höchstleistungen auf. Nicht nur Pirchners Vielseitigkeit wurde hier vor Aug und Ohr geführt, sondern auch, warum Muthspiel seit Jahren zu den prägendsten Figuren der heimischen Jazzszene gehört, dabei virtuos die Zwischenräume nutzend, um seine ganz eigene Nische zu besetzen. Ein in den richtigen Momenten auch zurückhaltender Auftritt, dem nicht zuletzt dank Muthspiels amüsanter Ansagen und körperlich-aufgeladenen Spiels eine wunderbar ausgeglichene Balance beschieden war.

Diese wiederum vermisste man ein wenig beim letzten Auftritt des Abends: US-Gitarrist James Blood Ulmer lieferte unter dem Motto "Are You Glad To Be In America?" mit seiner siebenköpfigen Band zwar eine furiose Klangschlacht zwischen Jazz, Funk und Rock ab. Bei Zeiten verlor sich diese aber im selbst aufgetanen Feld, verschwammen die einzelnen Elemente zu einem undurchsichtigen Gemisch und wäre abseits der durchaus druckvollen, in erster Linie aber lauten Darbietung eine Prise Prägnanz wünschenswert gewesen. Hier wurde meist alles ins Extreme gedeutet, dröhnten die Gitarren von Ulmer und Ronny Drayton und sorgten besonders die Drummer G. Calvin Weston und Aubrey Dayle für eine stete Anspannung am Limit.

Nichtsdestotrotz hat das Saalfeldener Jazzfestival auch heuer seinem Ruf alle Ehre gemacht und ein gleichermaßen abwechslungsreiches, überraschendes sowie großteils überzeugendes Programm für sein wie immer sehr internationales Publikum serviert. Zudem versteht man sich keineswegs als von der Außenwelt abgekoppelter Musikevent, wie die immer wieder thematisierte Flüchtlingskrise unter Beweis stellte. "Wir können kein Festival eröffnen mit Musik, wo doch gerade über 70 Menschen in einem Laster gestorben sind", machte Steidl diesbezüglich deutlich. "Jazz hatte immer eine sehr starke politische Komponente, deshalb wollten wir das aufgreifen und kommentieren. Das ist ja nicht das Ergebnis von ein, zwei Schleppern, sondern ein Gesamtversagen der Politik auf europäischer Ebene. Daher war es unsere Pflicht einzufordern, dass man dagegen etwas tut."

Und auch für die künstlerische Leitung des Jazzfestivals selbst steht weiter Arbeit an, gilt es doch, die neue Winterausgabe "3 Tage Jazz" (22. bis 24. Jänner 2016) auf Schiene zu bringen. Diese soll nach derzeitigem Plan sieben Konzerte umfassen - vier davon im Kunsthaus Nexus in Saalfelden, weitere drei im Leoganger Bergbau- und Gotikmuseum. "Das beginnt jetzt mal klein und dann schauen wir, was daraus wird", so Steidl. Mit der Programmierung beginne man diese Woche, das Line-up soll dann Ende Oktober stehen.

(S E R V I C E - )