Dieses Lachen ist weltberühmt – und unverkennbar. Wer mit Inger Nilsson, heute 56 Jahre alt, telefoniert, kann sich diesem Lachen nicht entziehen. Die Schwedin schlüpfte von 1969 bis 1970 in die Rolle der frechen, abenteuerhungrigen Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf.

Die meisten Filmemacher sahen lange Zeit nur die Pippi in ihr, sie blieb der ewige Kinderstar. Finanziell ausgesorgt hatte sie auch nicht, da Kinder per Gesetz damals kaum eine Gage erhalten durften. Also jobbte Nilsson als Sekretärin, war zwischendurch arbeitslos. Heute kann sie wieder von der Schauspielerei leben. Seit 2007 verkörpert sie in der deutsch-schwedischen Krimireihe „Der Kommissar und das Meer“ an der Seite von Walter Sittler die Pathologin Ewa Svensson. Es war ihr Comeback im Fernsehen. Heute Abend, 29. August, (20.15 Uhr) ist im ZDF der 18. Krimi zu sehen, Nummer 21 und 22 der Reihe werden 2016 gedreht – wie die meisten „Pippi“-Folgen auf der schwedischen Insel Gotland.

Seit 2007 ermittelt sie als Ewa Svensson in
Seit 2007 ermittelt sie als Ewa Svensson in "Der Kommissar und das Meer" © (c) Stefan Erhard


Frau Nilsson, im Fall „Das Mädchen und der Tod“ spielen auch Szenen in der Villa Kunterbunt auf Gotland. Wie fühlt sich das an, in Pippis Zuhause zurückzukehren?
INGER NILSSON: Die Villa war nicht zum ersten Mal Drehort der Krimis. Aber es gibt keine einzige Szene von mir dort. Das Team von Network Movie würde mich dort nicht hinzerren.


Warum nicht?
NILSSON: Warum sollten sie? Ich würde Nein sagen und versuchen, es zu diskutieren. Ich bin so verbunden mit dem Ort, es ist nicht notwendig, das aufzuwärmen.


Welche Erinnerungen haben Sie an die Dreharbeiten von damals?
NILSSON: Ich war vor dem Dreh seit mehr als 25 Jahren nicht mehr auf Gotland. Ich konnte mich an die Orte von damals gar nicht erinnern. Viele Menschen fragten mich: Erinnerst du dich daran? Ich verneinte. Nur manchmal, wenn wir in der Hauptstadt Visby sind, kehren die Bilder wieder.


Die Pathologin ist eine kühle, emotionslose Figur. Im Gegensatz zu Pippi lachen Sie nie. Eine Genugtuung?
NILSSON: Ich hatte davor schon Rollen, in denen ich mitunter auch böse Figuren spielen durfte. Das gehört zur Schauspielerei dazu. Natürlich gibt es Menschen, die denken, ich müsse immer weiteragieren wie Pippi. Das Schwierige an der Figur Ewa ist: Sie zeigt keine Gefühle. Aber, so viel darf ich verraten, mit ihrer Rolle wird in den nächsten Folgen einiges passieren.


Wird sie sich verlieben?
NILSSON: Nein, leider nicht. Ich frage jedes Jahr (lacht). Die Antwort lautete bislang stets: Nein. Ich frage immer weiter: Vielleicht eine kleine Affäre? Das ist leider auch noch nicht passiert.


Die Krimireihe ist Ihr Comeback im Fernsehen. Was hat sich seitdem in Ihrem Leben verändert?
NILSSON: Ich bin sehr glücklich, wieder vor der Kamera zu stehen. Eigentlich sollte ich zunächst eine andere Rolle spielen, nämlich die Mutter eines Mordopfers. Aber dann wurde mir die Gerichtsmedizinerin angeboten, und ich sagte sofort zu. Ich hatte aber einen Einwand.


Verraten Sie uns, welchen?
NILSSON: Es war ein praktischer Einwand. Ich war damals gerade in einem Stockholmer Theater engagiert. Ich fragte die Produzenten: Könnt ihr arrangieren, dass ich tagsüber in Gotland drehen und abends in Stockholm auf der Bühne stehen kann? Das war mein erster Gedanke. Nichts Dramatisches also.


Öffnete Ihnen diese Rolle den Weg zu neuen Angeboten?
NILSSON: Im Herbst kommt ein Avantgarde-Film in die schwedischen Kinos, der auch beim Filmfestival Cannes zu sehen war: „The Here After“. Es ist eine sehr dunkle Geschichte über einen Buben. Ich spiele die Direktorin. Auch in diesem Film lache ich nicht. Es lacht überhaupt niemand in diesem Film (lacht).

Sehen Sie sich manchmal alte „Pippi“-Folgen an?
NILSSON: Nein. Zu Weihnachten schaute ich mir ein paar an. Sie senden sie derzeit in Schweden wieder. Da das Material alt ist, mussten sie es erneuern. Ich sah ein paar Folgen.


Erkennen Leute Sie nach all den Jahrzehnten eigentlich auf der Straße wieder?
NILSSON: Ja, sehr viele Menschen kommen zu mir und sagen: Pippi hat mir so viel gegeben.


Vor 70 Jahren erschienen Pippis Abenteuer in Buchform. Was ist denn aus Ihrer Sicht die wichtigste Botschaft von Pippi?
NILSSON: Vielleicht, dass es nicht wichtig ist, woher man kommt oder wie man aussieht, sondern dass es okay ist, einfach man selbst zu sein.


Sind Pippis Botschaften unsterblich?
NILSSON: Ja, ich glaube, Pippi und ihre Botschaften sind unsterblich. Die kommen nie aus der Mode.


Für die Rolle der Pippi wurden Sie als Kind mit einem bescheidenen Honorar abgespeist, während andere noch immer daran verdienen. Ärgert Sie das noch?
NILSSON: Nein, es ist so – und ich kann diese Tatsache nicht ändern.

INTERVIEW: JULIA SCHAFFERHOFER