Auf den ersten Blick wirkt das "Stonewall Inn" unscheinbar. Die Bar liegt auf der New Yorker Christopher Street, in einem zweistöckigen Backstein-Häuschen. Aber genau hier mitten im Szeneviertel Greenwich Village nahm 1969 die Schwulen- und Lesbenbewegung als Widerstand gegen die häufigen Polizeirazzien ihren Anfang, auf die auch heute noch viele Paraden als Christopher Street Day Bezug nehmen.

Vor wenigen Wochen ist die Bar unter Denkmalschutz gestellt worden - und Ende September (geplant 25.9.) soll nun zunächst in den USA auch ein Film über den sogenannten Stonewall-Aufstand ins Kino kommen - in Szene gesetzt von dem deutschen Star-Regisseur Roland Emmerich ("Independence Day", "The Day After Tomorrow", "2012").

Doch bereits ein Trailer ruft Protest bei Schwulen, Lesben, Transgendern und Transsexuellen hervor. "Weißgewaschen" sei der Film. In der drei Minuten langen Vorschau liegt der Fokus auf einem weißen Darsteller, dem aus "War Horse" bekannten Jeremy Irvine.

Die Kritiker vermissen Vielfalt in den sexuellen Orientierungen und der ethnischen Zugehörigkeit der Charaktere des Films. Die vorab gezeigten Ausschnitte mit überwiegend weißen Schauspielern entsprächen nicht den Tatsachen, lautet ein Vorwurf. Emmerich verzichte außerdem auf die Besetzung transsexueller Rollen mit transsexuellen Schauspielern.

Allein auf Basis des Trailers rufen Aktivisten nun schon zum Boykott des Films auf. Eine Online-Petition dazu hat bereits mehr als Zehntausende Unterschriften. "In den zwei Minuten, die ich mir den Trailer angeschaut habe, dachte ich: Das ist ein weiterer Film, bei dem es darum geht, wie weiße Menschen Homosexuelle retten. Es regt mich auf, dass die Geschichten von Menschen, die nicht in ethnische oder sexuelle Schubladen passen, nicht erzählt werden", sagt die Initiatorin der Petition, Pat Cordova-Goff, in einem Online-Video.

Die US-Schauspielerin Margaret Cho twitterte unter dem Hashtag #BoycottStonewallMovie: "Zuerst war ich gespannt auf den Film, aber jetzt weiß ich, worum es geht. Das ist Weißwaschen und obwohl ich Filme über Homosexualität mag, boykottiere ich den Film "Stonewall"."

Der deutsche Regisseur Roland Emmerich (59), selbst bekennend schwul, wundert sich über die Angriffe
Der deutsche Regisseur Roland Emmerich (59), selbst bekennend schwul, wundert sich über die Angriffe © APA

Roland Emmerich, selbst offen schwul, verteidigte sich vergangene Woche bei Facebook. Bei seiner Arbeit mit dem "Los Angeles Gay and Lesbian Center" habe er viel gelernt über die "Stonewall Riots" in New York: "Ich war vor allem entsetzt, dass die Gründe für Obdachlosigkeit bei schwulen, lesbischen und transsexuellen Jugendlichen auch heute noch die selben wie die vor 45 Jahren sind."

Er habe sich bei seinem Film, der natürlich fiktionalisiert und verdichtet sein müsse, sozusagen stellvertretend auf einen jungen Schwulen aus dem Mittleren Westen der USA konzentriert, den seine Eltern wegen seiner sexuellen Orientierung rausgeschmissen haben.

Wenn der Film in den Kinos anlaufe, werde das Publikum aber auch echte Aktivistinnen kennenlernen wie Marsha P. Johnson und Sylvia Rivera sowie den Aktivisten Ray Castro und "all die tapferen Menschen, die die Bürgerrechtsbewegung auslösten, die bis heute aktiv ist". Emmerich betonte, "Stonewall" sei für ihn eine "Herzensangelegenheit".