Gerade erst hat er eine Nacht in der ostukrainischen Rebellenhochburg Luhansk verbracht, der Telefonempfang ist schlecht. Christian Wehrschütz berichtet aus acht Ländern. Ende 1999 entsandte ihn der ORF als Balkan-Korrespondent nach Belgrad. Heute führt er im Weltjournal (ORF 2, 22.25 Uhr) durch seine Stadt.

Normalerweise berichten Sie für den ORF und die Kleine Zeitung von Kriegsschauplätzen. Wie fühlt es sich an, zur Abwechslung einmal die schönen Seiten einer Stadt herzuzeigen?
CHRISTIAN WEHRSCHÜTZ: Es ist etwas Persönliches, wozu einem viele Dinge einfallen. Da braucht man den Mut zur Lücke. Belgrad ist nicht Paris, London oder Washington. Nicht jeder hat automatisch ein Bild dazu.

Welche Plätze durften aus Ihrer Sicht nicht fehlen?
WEHRSCHÜTZ: Das Restaurant am Kalemegdan, in das ich meine Familie ausführte, nachdem sie mich das erste Mal nach dem Ende des Embargos gegen Milosevic 2000 besuchte. Und das Luftfahrtmuseum am Belgrader Flughafen. Das ist sehr interessant und viel zu wenig beachtet.

Was ist daran so besonders?
WEHRSCHÜTZ: Dort ist der einzige US-Tarnkappenbomber F-117 außerhalb der USA zu sehen, der wurde im Kosovokrieg abgeschossen.

Was ist für Sie der größte Unterschied zwischen Ihrem Leben in Salzburg und Belgrad?
WEHRSCHÜTZ: In Österreich bin ich in der Regel auf Urlaub. Das Leben ist natürlich ganz ein anderes: Bin ich in Salzburg, startet schon der Tag anders – mit einem Frühstück mit meiner Frau. In Belgrad gehe ich in Kaffeebars.

Ende 1999 wurden Sie vom ORF nach Belgrad entsandt. Was hat sich seitdem in Serbien verändert?
WEHRSCHÜTZ: Für Außenstehende hat sich wahnsinnig viel verändert. Es heißt, Belgrad sei das Low-Budget-New York. Ich glaube das, kann es aber selbst nicht überprüfen, da ich wenig im Nachtleben unterwegs bin. Ein Beispiel: Als ich nach Belgrad kam, gab es 26 ISDN-Leitungen, ich konnte gerade einen Radiobeitrag einspielen. Heute sind auch TV-Beiträge möglich.

Im Vorjahr berichteten Sie verstärkt vom Krieg in der Ostukraine. Hat sich dadurch Ihr Blick auf Belgrad verändert?
WEHRSCHÜTZ: Ich weiß schon lange, was kriegsähnliche Gefechte sind. Schon 2001 berichtete ich vom Krieg aus Mazedonien. Serbien ist heute viel weiter entwickelt als die Ukraine.

Nach so langer Zeit: Ist Belgrad Ihre zweite Heimat geworden?
WEHRSCHÜTZ: Nein, für mich gibt es nur zwei Heimatorte. Dort, wo meine Familie ist, und die Steiermark.

Aus welchem Land würden Sie noch gerne berichten?
WEHRSCHÜTZ: Derzeit läuft mein Vertrag für Belgrad und Kiew bis Ende 2017. Aber wenn Sie mich fragen: aus Skandinavien.

Warum?
WEHRSCHÜTZ: Dort ist alles so schön geordnet. In Stockholm zu leben, das könnte ich mir zum Abschluss gut vorstellen. Leider hat der ORF dort keine Korrespondenten.

Wer noch nie in Belgrad war: Warum sollte man hinfahren?
WEHRSCHÜTZ: Weil es eine wunderschöne Stadt ist mit gutem Essen und dem atemberaubenden Blick auf den Punkt, an dem die Save in die Donau mündet. Ich empfehle auch einen Besuch in Novi Sad, das ist für Österreicher historisch interessant.