Neumeiers "Ein Sommernachtstraum" ist ein Meilenstein in der Geschichte des Handlungsballetts. Weltweit viele hundert Male aufgeführt, besticht die heute 38 Jahre alte Choreografie nicht nur durch die Virtuosität der Solisten und die groß angelegten, raumgreifenden Inszenierungen etwa der berühmten Hochzeitsszene oder der Feen- und Elfen-Tänze. Dem Ensemble des Hamburg Balletts gelingt es in dieser Inszenierung vor allem, Shakespeare ohne Worte zu erzählen. Und zwar derart klar und eindeutig, dass die komplizierten Beziehungen und die durch "Pucks" Pfuscherei noch heilloseren Verwechslungen wie eine Kindergeschichte nachverfolgbar werden. Der Zauber der Blume, der Streit der Feenkönige, die Verliebtheit in einen Esel, der Charme des frechen kleinen Elfen, das Strahlen der großen Hochzeit, die liebenswerte Schrulligkeit der Handwerker - an allen Ecken und Enden von Neumeiers "Traum auf Spitze" menschelt es, als hätte Shakespeare seine einzigartige Komödie schon im Original für Tänzer geschrieben.

Das Bewegungsvokabular von Neumeier und seiner Riesentruppe auf der Bühne überrascht immer aufs neue. Ästhetische Hebefiguren, Pas de deux und große, synchronisierte Abläufe wirken facettenreich und frisch. Jürgen Roses Bühnenbild ist kongenial in seinen präzisen Lichtstimmungen, effektvoll justierten Requisiten und gnadenlos körperbetonten Ballett-Höschen und -Kleidchen.

Getanzt wird natürlich zu Felix Mendelssohn Bartholdys Klassiker. Aber Neumeier mischt Orgel- und Cembalo-Stücke von György Ligeti sowie mechanische Maschinenmusik dazu. Im Klartext: Da steht eine mit Jahrmarktstrommeln erweiterte historische Drehleier auf der Bühne und kurbelt Gassenhauer von Verdi ab, während sich Elfen in Bäumen verstecken, Liebespaare hoffnungslos verwirrt sind, sich Adelige großmütig geben und Handwerker zum Schreien witzig Theater spielen - schlichtweg entzückend.

Das Mozarteumorchester Salzburg unter Dirigent Simon Hewett agiert souverän und ohne Makel. Der Klang im Großen Festspielehaus ist groß, sauber und ausbalanciert und vervollständigt den umwerfenden Eindruck dieses Gastspiels aus Hamburg.