Durch die systematische Enteignung von Vertriebenen, Deportierten und Ermordeten raubten die Nationalsozialisten ein enormes Vermögen. In den letzten Kriegstagen wurden Teile davon in den Alpenraum verfrachtet. Seither hält sich die Legende, dass im Ausseerland noch heute Gold und andere Wertgegenstände versteckt sein sollen.

In beinahe kriminalistischer Manier machte sich der Filmemacher Manfred Christ für die „Terra Mater“-Dokumentation „Das verlorene Gold der Alpenfestung“ am Mittwoch, 5. Mai, auf die Suche nach dem Wahrheitsgehalt der Mythen.

Herr Christ, die Geschichten über das Nazigold in Aussee wurden in den vergangenen 70 Jahren in vielen Filmen und Dokumentationen verarbeitet. Warum wollten Sie sich noch einmal mit dem Thema befassen?

MANFRED CHRIST: Es gab von Terra Mater das Vorhaben, dieses Thema noch einmal in irgendeiner Form zu verarbeiten. Mein Ansatz war zuerst ,Nein, um Gottes willen, nicht schon wieder diese Toplitzsee-Geschichte, ich halte es nicht mehr aus!’

Wieso haben Sie dann trotzdem zugesagt?

CHRIST: Was mir als Erstes aufgefallen ist: Einer schreibt vom anderen ab, jahrzehntelang wurde in den Büchern der Unsinn fortgeschrieben und auf jedes Gerücht wird durch ,Stille-Post’ ein zweites Gerücht daraufgesetzt. Da habe ich den heiligen Zorn gekriegt – das war mein Kick, sodass ich angefangen habe.

Ein hoher Anspruch – wie verliefen die Recherchearbeiten?

CHRIST: Ich habe mich in die Archive gesetzt, ins Landesarchiv in Linz, ins Staatsarchiv in Wien, in die National Archives in Washington. Ich habe überall gestöbert und versucht Originaldokumente, wie originale Briefwechsel, Zeugeneinvernahmen, Verhörprotokolle zu finden. Natürlich kann man dann nie wissen, ob der damals gelogen hat. Das kann ich heute nicht mehr beurteilen. Aber ich kann zumindest sagen: Es gibt niemanden, der das interpretiert hat zwischen dem damaligen Zeugen und mir.

Hält der Mythos nach Abschluss des Films Ihrer kritischen Recherche stand?

CHRIST: Meiner persönlichen Meinung nach war wahnsinnig viel Gold im Umlauf in diesen Tagen, aber es ist eben damals auch besonders aufgefallen. Es sind Goldschätze im Ausmaß von vielleicht 100 Kilo mit Münzen und Devisen da gewesen. Das ist gefunden und an die Amerikaner weitergegeben worden. Wo es dann gelandet ist? Ich sage immer: Es hat sich dann irgendwann in Luft aufgelöst. Ob da noch irgendwas ist? Ich glaube nicht.

Es gibt keine verborgenen Goldschätze im Toplitzsee?

CHRIST: Im Toplitzsee? Ich schließe das aus. Ich habe das schon nach 14 Recherchetagen ausgeschlossen. Überall, aber nicht im Toplitzsee.
INTERVIEW: DANIEL HADLER