Für Regisseur Gil Mehmert ist "Tommy" eine "Rock-Revue", ähnlich wie einige Jahre später "The Wall" von Pink Floyd. Rock-Legende Pete Townshend erzählt darin - inspiriert vom indischen Guru Meher Baba - die Geschichte eines Buben, der beschließt, blind, taub und stumm zu werden, um an der Welt der Erwachsenen nicht mehr teilnehmen zu müssen. Heute wird dieses Verhalten oft als autistisch interpretiert. Trotzdem mausert sich Tommy zum Flipper-König und letztendlich geheilt zu einer Erlöserfigur.

Riccardo Greco, seit dieser Saison fixes Mitglied der Linzer Musical-Company, spielt mit Tommy seine erste "Star-Rolle" am Haus - und muss sich dabei gleich seiner Höhenangst stellen, wie er in der Pressekonferenz einräumte. Zweimal lässt ihn die Regie in den Himmel aufsteigen, dabei sei ihm als Enjolras auf den gerade einmal zwei Meter hohen Barrikaden von "Les Miserables" schon mulmig zumute gewesen. Für die gebürtige New Yorkerin Anastasia Bain, die das Linzer Ensemble wie bereits bei "Show Boat" als Gast verstärkt, geht mit ihrer Rolle der "Acid Queen" - im Film von Tina Turner verkörpert - ein Traum in Erfüllung. "Die Rolle wollte ich seit 20 Jahren", heute habe sie aber die nötige Reife.

Das "The Who"-Konzeptalbum wurde 1975 von Ken Russell verfilmt, die Musicalversion aus dem Jahr 1993 wurde fast 1.000-mal am Broadway gespielt und gewann fünf Tony Awards. Nach längerer Überlegung hat man sich in Linz entschlossen, eine deutsche Fassung auf die Bühne zu bringen. Mehmert räumte ein, dass er anfangs skeptisch gewesen sei: "'Satisfaction' will ich auch nicht auf tschechisch hören." Angesichts des sich nicht sofort erschließenden Inhalts der Rockoper - und weil man mit der bestehenden Übersetzung nicht glücklich war - wurde schließlich eine neue bei Sabine Ruflair in Auftrag gegeben.