Das größte Risiko für den Fortbestand der Bundestheater (in ihrer heutigen Form und Qualität)" bestehe in der vom Eigentümer Bund zur Verfügung gestellten Basisabgeltung, heißt es im Geschäftsbericht der Bundestheater-Holding. Diese sei seit der Ausgliederung 1999 deutlich unter der Inflationsrate erhöht worden und betrage derzeit 148,9 Mio. Euro. Eine an die Inflation angepasste Basisabgeltung würde dagegen im Geschäftsjahr 2013/14 rund 176,3 Mio. Euro betragen. "Die Bundestheater haben daher bei gleichbleibendem Leistungsumfang in diesen 15 Jahren ca. 228,8 Mio. Euro weniger an finanziellen Mitteln von der öffentlichen Hand erhalten (im Vergleich zu einer Inflationsanpassung)", wird in den Unterlagen vorgerechnet.

Es seien bereits zahlreiche Spar- und Optimierungsmaßnahmen gesetzt worden. Um den Finanzbedarf, der bereits jetzt bei rund 164 bis 165 Mio. Euro pro Saison liege, zu decken, müsse daher in Abstimmung mit dem Bund auf Immobilien zurückgegriffen werden, da bis inklusive 2015/16 keine Erhöhung der Basisabgeltung in Aussicht stehe und ansonsten die Saisonen 2014/15 und 2015/16 "in die Katastrophe gegangen wären".

Ein im Rahmen der Budgetierung entwickeltes Immobilienkonzept habe ein zu hebendes Potenzial von 33 bis 35 Mio. Euro erbracht. Pro Jahr könnten also 16 bis 17 Mio. Euro in die Bilanz einfließen. Teilverkäufe seien bereits erfolgt, "einige Millionen sind schon unterschriftsreif", so der interimistische Holding-Geschäftsführer Günter Rhomberg, der allerdings auch kritisch anmerkte: "Als Privater würde man sicher nicht das letzte Tafelsilber verkaufen, um über die Runden zu kommen." Nach diesen geplanten Verkäufen im Hanuschhof habe man aber "nur noch im geringen Maße" Immobilienreserven.

"Wir sind in einer sensiblen Situation. Wie es weitergehen soll, ist die entscheidende Frage. Die finanziellen Probleme sind nicht zu lösen durch einzelne Verbesserungsmaßnahmen an einzelnen Häusern. Es geht um eine politische Grundsatzentscheidung, wohin die Bundestheater gehen sollen", fasste Rhomberg bei der Pressekonferenz die Lage zusammen. "Diese Krise, die wir fast überwunden haben, ist auch eine große Chance."

Schon "in den nächsten zwei Monaten" müsse klar sein, wie hoch künftig die Basisabgeltung sein werde. Wenn die Basisabgeltung so bliebe wie sie ist, "hätte das ganz dramatische Auswirkungen." Diese würden sich bereits auf die laufende Saison auswirken. "Ich hoffe aber, dass die Vernunft einkehrt", denn bereits für 2016/17 habe im Rahmen der dreijährigen Planung kein Budget mehr erstellt werden können.

Mit der Anhebung der Basisabgeltung müsse aber auch eine "notwendige Erneuerung der Struktur der Österreichischen Bundestheater" erfolgen. Rhomberg ließ keinen Zweifel daran, dass er eine Stärkung der Holding für die richtige Lösung hielte.

Mit dem Publikumsaufkommen in den Bühnengesellschaften ist Bundestheater-Holding-Geschäftsführer Günter Rhomberg zufrieden. Die Besucherzahl sei von 1.338.385 in der Saison 2012/13 auf 1.339.314 (2013/2014) gestiegen, wobei in Staatsoper (von 599.724 auf 603.688) und Volksoper (von 308.008 auf 311.781) ein leichtes Plus, im Burgtheater (von 430.653 auf 423.845) ein Minus verzeichnet wurde.

Angesichts der krisenhaften Vorgänge im Burgtheater sei vor allem der dortige Zuschauerzuspruch positiv, sagte Rhomberg. Auch die Auslastungsentwicklung in der laufenden Saison sei insgesamt erfreulich, der Rückgang nur minimal - in der Staatsoper von 99,03 (Saison 2013/14) auf 98,92 Prozent (bis Ende Februar 2015), in der Volksoper von 82,17 auf 82,15 und im Burgtheater von 84,71 auf 80,28 Prozent.

Im Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT), in dem keine außerordentlichen Erträge (wie der Verkauf der Probebühne durch das Burgtheater) enthalten sind, ist 2013/14 jedoch nur die Burg deutlich positiv (mit 1,2 Mio. Euro), die Staatsoper jedoch negativ (minus 874.000 Euro) - für Rhomberg ein geplantes Minus, das nicht beunruhigend sei. Auch die Staatsoper sei "auf gutem Wege".

Nicht erfreut zeigte er sich jedoch darüber, dass die Staatsoper den entlassenen Burgtheater-Direktor und nunmehrigen Prozessgegner Matthias Hartmann gegen Gage die Wiederaufnahme seiner "Lady Macbeth" einrichten lasse. Er habe das "auch komisch gefunden", sagte der Holding-Chef auf Journalisten-Nachfrage: "Das ist juristisch nicht ganz ohne Probleme. Ich hab das zufällig erfahren - und muss das zur Kenntnis nehmen."

Überhaupt beschäftige er sich lieber mit der Zukunft als mit der Aufarbeitung der Vergangenheit, die gerichtlich zu klären sei, so Rhomberg. "Mir hat das Herumschieben von Verantwortungen der letzten Monate überhaupt nicht gefallen." Dass er KPMG-Senior Partner Martin Wagner für den parlamentarischen Rechnungshof-Unterausschuss von seiner Verschwiegenheitspflicht nicht entbunden habe, begründete er damit, dass dieser den Bundestheatern mit einem Interview Schaden zugefügt habe. "Diesem Mann, dem wir vertrauen mussten, kann man nicht noch offiziell den Beleg geben, er kann weiterhin sagen, was er will." Wenn er entbunden werde, gehe das nur "ganz oder gar nicht" - was aber "prozesstaktisch ein Schaden" wäre.

Ähnlich verhalte es sich mit dem Theater-Finanzexperten Peter Raddatz, der in den anhängigen Arbeitsgerichtsprozessen jedoch aussagen dürfe: "Im Prozess kann unser Anwalt auch quer fragen, im Parlament kann er das nicht." Dass Raddatz insgesamt 120.000 Euro bekommen habe (wobei die Belege offenbar von der ehemaligen kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky unterschrieben wurden), ohne dass es schriftliche Unterlagen für seine erbrachten Leistungen gebe, "irritiert mich sehr", gab Rhomberg zu. Er selbst erhalte für seine Tätigkeit jährlich 140.000 Euro (sein Vorgänger Georg Springer verdiente 2012 laut Rechnungshof-Einkommensbericht 261.700 Euro).

Eine Überarbeitung des Bundestheaterorganisationsgesetzes "mit einer klaren und konsequenten Zuordnung der Verantwortung an die Holding" sei unumgänglich. Er sei aber nicht der Meinung, "dass die Bundestheater-Holding gar nicht für die Kunst zuständig" sei. Schließlich schlage es sich auch finanziell nieder, wenn beispielsweise ohne Unterlass produziert werde, obwohl Produktionen etwa von einer kommenden Direktion nicht übernommen würden. Er sehe auch nicht, "dass die 10, 15 Personen der Holding ein finanzielles Problem sein sollen. Eine Firma abzuschaffen, wenn der Geschäftsführer zurücktritt, fände ich eine etwas seltsame Entscheidung."

Die Aktualisierung einer IHS-Studie über "Ökonomische Wirkungen der Bundestheater in Wien und Österreich" kommt zu dem Ergebnis, dass für jeden Subventions-Euro rund 89 Cent durch die "ausgelösten fiskalischen Effekte" zurückfließen, die "konsolidierten Steuereffekte des Bundestheater-Konzerns aus Betrieb und Tourismus" pro investierten Euro gar 1,41 Euro betragen. Angesichts dieser wirtschaftlichen Umweg-Rentabilität "wäre es gesamtheitlich gesehen eine sehr kurzfristige Entscheidung, die Bundestheater zu demontieren, d.h. ihren Leistungsumfang zu reduzieren", warnt Rhomberg in seinem Prognosebericht.