"Ich bin bisher nicht bedroht worden. Aber wenn man mich daran hindern wollte, über bestimmte Dinge zu sprechen, würde ich noch mehr darüber sprechen. Mein Buch 'Unterwerfung' ist kein islamophober Roman, aber man hat sehr wohl das Recht, einen islamophoben Roman zu schreiben, wenn man es möchte", so Houellebecq in dem Interview.

Er halte es für möglich, dass Frankreich, das "sich in den vergangenen fünf, zehn Jahren stark zum Schlechten verändert" habe, sich auf einen Bürgerkrieg zubewege, wie er in seinem Roman beschrieben habe. "Paradoxerweise wird die Stärke des Front national eine solche Entwicklung einstweilen verhindern. Denn der FN hat nunmehr das klare Ziel, auf demokratischem Weg, durch Wahlen, an die Macht zu kommen. Diese Aussicht kanalisiert die nationalkonservativen Tendenzen am rechten Rand. Deshalb glaube ich nicht, dass Rechtsextremisten zurzeit gewaltsam zur Tat schreiten werden." Doch "der Front national wird nicht an die Macht kommen. Er gibt sich einer Illusion hin. Sobald die extreme Rechte das erkennt, kann ihre Gewaltbereitschaft erwachen. Das politische Wahlsystem in Frankreich beruht auf dem Machtwechsel zwischen Mitte-links und Mitte-rechts. Diese beiden Blöcke, die bürgerliche Rechte und die sozialistische Linke, werden sich immer gegen den FN zusammenschließen und seine Machtübernahme zu verhindern wissen, obwohl er in Umfragen schon jetzt die stärkste Partei des Landes ist."

Diese Ausgrenzung des Front national schaffe "eine schiefe und ungesunde Situation", denn "die Basis der bürgerlichen wie der nationalen Rechten wünscht sich ein Zusammengehen der beiden Parteien, nur die Parteichefs wollen es nicht." Die wahre Bedrohung der Demokratie liegt nach Houellebecqs Ansicht "in der wachsenden Kluft zwischen dem Volk und den politischen und medialen Eliten, die in seinem Namen zu sprechen vorgeben. Dann kann es meiner Meinung nach zu Unruhen kommen, zu etwas Chaotischem und vielleicht Gewalttätigem." Dabei sei das Problem "nicht mehr die Immigration, sondern die gescheiterte Integration. Der Fremde ist einer von uns, ein Eingeborener."

Als Autor suche er nicht die Provokation, beteuert Houellebecq: "Ich mache meine Arbeit: Widersprüche aufdecken, Schwachstellen in der Gesellschaft finden, den Finger auf die Wunde legen und kräftig zudrücken." So halte er etwa die Rückkehr des Patriarchats für denkbar. "Die Befreiung der Frau ist ein weicher Fortschritt. Die Emanzipation ist noch nicht so lange her, dass sie nicht rückgängig zu machen wäre."

Aber was er denke, sei "ziemlich irrelevant. Mein Talent besteht darin, Wirkungsmächte in der zeitgenössischen Gesellschaft ausfindig zu machen. Und der Wunsch nach Unterwerfung ist eine Kraft, die wieder wirksam wird. Die Religion hat dabei die Nase vorn, denn alle anderen Unterwerfungssysteme, Nationalismus, Faschismus, Kommunismus, sind im Abseits der Geschichte gelandet. Sie kommen nicht mehr infrage. Die Aufklärung ist am Ende. Der Humanismus ist tot. Der Laizismus, vor über 100 Jahren erfunden von Politikern, die im Atheismus die Zukunft sahen, ist tot. Die Republik ist tot."