Ihre Welt ist noch immer die Oper. Auch vor ihrem 80. Geburtstag am morgigen Freitag kann sich die italienische Sopranistin Mirella Freni nichts anderes vorstellen. "Singen macht mich glücklich", sagte sie zuletzt der italienischen Zeitung "La Repubblica".

Zwar steht Freni, die einst als "schönste Sopranstimme der Schallplatten-Ära" bekannt wurde, nicht mehr selbst auf der Bühne. Doch seit mehr als zwölf Jahren unterrichtet sie in ihrer Heimatstadt Modena Nachwuchstalente und gibt ihr Wissen weiter.

Die Hauptlektion für ihre Schützlinge sei "nicht zu schreien", sagte Freni, die mit ihren lebhaften blauen Augen und den perfekt frisierten blonden Haaren noch immer voller Energie ist. "Viele haben eine schöne Stimme, aber wissen nicht, wie sie sie einsetzen müssen. Das ist der einzige Fall, in dem ich wütend werde." An ein zurückgezogenes Leben im Ruhestand denkt die Norditalienerin nicht. "Ich nehme nie den Aufzug, ich gehe nach oben oder nach unten immer die Treppe. So halte ich mich in Form", erzählte sie "La Repubblica".

Auch ihren 80. Geburtstag begeht die Sängerin, die von Herbert von Karajan intensiv gefördert wurde und mit Star-Tenor Luciano Pavarotti seit Kindertagen eng befreundet war, nicht in aller Stille. Stattdessen wird am Freitag im Theater ihrer Heimatstadt Modena der Ehrentag gefeiert und auf ihre Karriere zurückgeblickt. Bereits am Mittwoch würdigte sie die Mailänder Scala, wo Freni große Auftritte hatte, mit einer großen Show und minutenlangem Applaus.

Ihre Opernkarriere hatte Freni früh fest im Blick. "Meine Mutter hat mir immer erzählt, dass ich schon mit zwei Jahren, wenn im Radio eine Oper lief, aufgehört habe zu spielen und zugehört habe", sagte sie der Zeitung "Avvenire". "Wenn man mich gefragt hat, was ich werden will, habe ich geantwortet: Opernsängerin." Schon ihre Großmutter Valentina Bartolomasi war eine bekannte Sopranistin. Freni, die als ältestes von vier Kindern eines Beamten zur Welt kam, sang mit zehn Jahren erstmals bei einem Wettbewerb eine Arie und begeisterte die Zuhörer.

Doch die Italienerin zog sich zunächst zurück und vermied den Rummel. Richtig in Schwung kam ihre Karriere in den 50er-Jahren zunächst in Italien, als sie mit 19 Jahren ihr Debüt in ihrer Heimatstadt feierte. Nach der Geburt ihrer einzigen Tochter Micaela 1956 legte die Sopranistin eine Pause ein. Erst nach ihrem Sieg bei einem Wettbewerb in Vercelli im Jahr 1958 fand die Sängerin schließlich das Selbstvertrauen, wieder auf die Bühne zu gehen.

Mirella Freni mit Luciano Pavarotti in Donizettis
Mirella Freni mit Luciano Pavarotti in Donizettis "Regimentstochter" © EPA

Es folgten zahlreiche Auftritte, und als Dirigent von Karajan die junge Freni entdeckte, begann ihre Weltkarriere - als Mimi in "La Boheme" sang sie sich 1963 unter dem Salzburger zu Weltruhm. Freni, die damals noch weitgehend unbekannt war, katapultierte sich über Nacht in die erste Reihe der lyrischen Sopranistinnen. Die Sängerin selbst bezeichnete dies als "glücklichsten Moment" ihrer Karriere. Zwischen Karajan und ihr bildet sich ein einzigartiges Zusammenspiel.

Im Laufe der Jahre begeisterte Freni das Publikum in mehr als 40 Rollen, arbeitete mit weltbekannten Dirigenten wie Claudio Abbado, Riccardo Muti und Seiji Ozawa zusammen. Die Welt feierte Freni für ihre "Stimme wie Goldregen", die Sopranistin stand in der Mailänder Scala und in der Metropolitan Opera (Met) in New York auf der Bühne. "Als junge Frau an der Scala zu singen, war wie das Paradies zu betreten", erinnerte sich Freni.

An der Wiener Staatsoper feierte Freni ihre größten Erfolge ebenfalls als Mimi (1977), als Tatjana in Tschaikowskys "Eugen Onegin" (1988), als Elisabeth in Verdis "Don Carlos" (1989), als Lisa in Tschaikowskys "Pique Dame" (1992) sowie als "Fedora" in Umberto Giordanos gleichnamiger Oper (1995). Besonders oft trat Freni mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann Nikolai Ghiaurov, dem bulgarisch-österreichischen "König der Bässe", auf.

Den Grund für ihren lang anhaltenden Erfolg sieht die Sopranistin in einer Mischung aus Disziplin und Enthusiasmus. "Die Begeisterung, die ich zu Beginn meiner Karriere hatte, begleitet mich auch heute noch, die Ernsthaftigkeit, die Ehrlichkeit bei der Arbeit, die Fähigkeit, sich ins Gespräch zu bringen und auch Nein sagen zu können", erklärte sie "Avvenire". "Das ist vielleicht das Geheimnis meiner Karriere."