Unbeabsichtigt passt das Stück optimal in die Faschingszeit. „Eine Jacke ist eine Jacke ist eine Jacke“ handelt vom Kostümieren. Allerdings geht es um unser tägliches „Verkleiden“ mit Klamotten von der Stange. Bunte Maxiröcke, Röhrenjeans, Hipster-Brille, freche High Heels oder Hip-Hop-Sneakers, niemand kategorisiert das Outfit besser als Jugendliche.
Folgerichtig wendet sich das Kollektiv Kunststoff mit seinem Tanzstück über Identitäten, Konsumwahnsinn und Gruppendruck an ein Publikum 13+.

Idee in der Garderobe

Entstanden ist die Idee während der Ausbildung in der Garderobe des Wiener Privatkonservatoriums, so die gebürtige Kärntnerin Stefanie Sternig, „schließlich ziehen wir uns für das Training mindestens zweimal täglich um“. 2010 feierten die frisch graduierten Studienkolleginnen des neu gegründeten „Kollektiv Kunststoff“ im Dschungel Wien Premiere. Seit letztem Herbst tourt man mit einer knackigen Neufassung. Mit dieser gastiert die fünfköpfige Truppe nun in Sternigs Heimatgemeinde Hermagor: „Obwohl ich seit meinem Studienabschluss schon sechs Mal in Kärnten aufgetreten bin, schaffte ich es nie nach Hause“, ist die 34-jährige Choreografin und Tänzerin glücklich.

Das lange Zuwarten wird bereits im Vorfeld mit eindrucksvollen Auslastungszahlen belohnt. 450 Jugendliche aus der Region meldeten sich zu drei Schulvorstellungen und 16 begleitenden Workshops, bis zu 200 Gäste erwartet man bei der Abendvorstellung. „Es ist ein Meilenstein in meiner Karriere. Endlich bringe ich zeitgenössischen Tanz in meine Heimat. Daher werden wir in den Workshops nicht nur über „Fetzen“ sprechen, sondern auch den Beruf der Tänzerin vorstellen. Der ist ja in unserer ländlichen Tanzkultur aus Volks- und Gesellschaftstänzen wenig präsent.“

Augenzwinkern

Das Kollektiv Kunststoff und Stefanie Sternig, deren Aktivitäten zuletzt mit einer Residenz in Brüssel und einem Start-Stipendium des Bundesministeriums belohnt wurden, lieben „heiße“ Themen. Obwohl es in „Eine Jacke ist eine Jacke ist eine Jacke ...“ auch um Arbeitsbedingungen, Ökologie und Nachhaltigkeit geht, kommt dieses Stück locker und flockig. Sternig: „Wir gehen das Thema mit einem Augenzwinkern an.“ Vermutlich funktioniert es deshalb bei Jung und Alt gleich gut. Auch Erwachsene kennen schließlich den Zwang von Dresscodes oder verwerten ihre zweite Haut als wandelnde Reklamefläche. Was man daraus tänzerisch machen kann, darauf darf man gespannt sein.

Die bisherige Kritik schmunzelt übrigens ausdrücklich über eine Szene, wo sich jede Tänzerin alleine in eine Hose zwängt, ohne dabei mit den Händen nachzuhelfen. Vielversprechend!

INGRID TÜRK-CHLAPEK