Das Premierenpublikum im vollen neuen Festspielhaus dankte es seinem "Prinzipal", der als Dirigent und Regisseur verantwortlich zeichnete, nach der mehr als dreistündigen Aufführung mit frenetischem Beifall. Nicht minder umjubelt wurden die Sänger der Accademia di Montegral, die - im Windschatten des Maestros nach vorne stürmend - künstlerisch zum überwiegenden Teil hell leuchteten und die Besucher im Sturm eroberten.

Die musikalischen Einfälle des ewigen, wohl größten Komponisten-Genies der Menschheitsgeschichte, Wolfgang Amadeus Mozart, vor Augen und im Ohr, ließ Kuhn in seinem ureigensten Wirkungsbereich wie erwartet nichts anbrennen: Der Maestro machte "Wolferl" keine Schande, hatte sein Orchester der Tiroler Festspiele Erl perfekt im Griff und sorgte in Tempo, Rhythmus und Ausdruck für ein beinahe symbiotisches Zusammenspiel zwischen Bühne und Orchestergraben.

Wiewohl Kuhn seine "Cosi"-Inszenierung - wie erwartet und wohl von geübten Erl-Besuchern auch erhofft - nicht zu einem plötzlichen Regietheater-Ausbruch nutzte und sie in ihrer Bedeutung an die Größe der Musik heranreichen ließ , kredenzte er dem Publikum doch da und dort wohldosierte, "zeitgeistige" Schmankerl. So stolzierten etwa die beiden Männer, die - bestochen von Don Alfonso - die Schwestern Dorabella und Fiordiligi in scheinbarer, kriegsbedingter Abwesenheit ihrer Verlobten aufgrund einer Wette zur Untreue verführen sollen, in Lederhosen-Montur umher. Die als Doktor verkleidete Despina, die die angeblich vergifteten Krachledernen-Träger heilen soll, enterte die Bühne als Conchita Wurst-Verschnitt mit Bart. Und die das "Schöne Soldatenleben" intonierenden Chor-Sänger erschienen im ersten Akt urplötzlich im Orchestergraben.

Das sich mehrmals etwas ändernde Bühnenbild wirkte wohltuend sparsam, aber eindringlich und half - neben Kuhns Dirigat - mit, die Sänger gekonnt in Szene zu setzen. Die Farbe Weiß dominierte, als Konstante inmitten sich abwechselnder Bett- bzw. Couch-Landschaften fungierte eine über den Köpfen der Protagonisten hängende Kugel.

Der deutsche Opernregisseur Günther Rennert sagte einmal anlässlich seiner Salzburger "Cosi"-Inszenierung aus dem Jahre 1972: "Die Inszenierungsaufgabe ist ein einziger Balanceakt zwischen Marionette und Menschlichkeit, Parodie und Wirklichkeit, Leichtsinn und Melancholie, Frivolität und psychologischem Gesetz - Spiel und Ernst". Gustav Kuhn hat diesen Balanceakt perfekt gemeistert. Das Spiel mit Eifersucht, Verführung, Täuschung und das Erkennen und Verzeihen unser aller Unberechenbarkeiten, Irrungen und Verirrungen in der Liebe wurde trotz angebrachter komödiantischer Leichtigkeit auch mit der nötigen künstlerischen Schwere dargetan.

Anna Princeva als Fiordiligi und Aurora Faggioli als Dorabella brillierten als verführte, leidende und liebende Schwestern - darstellerisch und stimmlich. Mitunter leicht bekleidet machten sie eine in jeder Hinsicht gute Figur. Princeva erntete nach der Fiordiligi-Arie im zweiten Akt zurecht begeisterten Zwischenapplaus. Ferdinand von Bothmer als Ferrando und Michael Kupfer als Guglielmo standen ihnen um wenig nach. Sophie Gordeladze gab ein vor allem schauspielerisch hinreißendes Dienstmädchen Despina. Bei "Don Alfonso" Giulio Boschetti konnte die Stimmgewalt mit seiner Bühnenpräsenz nicht ganz mithalten..