Schon der Taxifahrer weiß Bescheid: Die Baukosten jenes spektakulären Museumsbaus, mit dem nach dem Wunsch seiner Initiatoren künftig auch Lyon einen Bilbao-Effekt erzielen soll, sind "oh la la". Das "Musee des Confluences" ist der erste Bau des Wiener Architekturbüros Coop Himmelb(l)au in Frankreich.  Jetzt startete der Museumsbetrieb. Eine lange Vorgeschichte geht damit zu Ende.

Stolzer Preis

Seit vor wenigen Tagen der Steuerzahlerbund Contribuables actifs du Lyonnais (Canol) das Projekt als Misswirtschaft anprangerte, an die zumindest Vervierfachung der vom Departement du Rhone getragenen Baukosten erinnerte und auch die aktuellen offiziellen Zahlen (255 Mio. Euro, plus 12-15 Mio. Euro jährliches Betriebsbudget) anzweifelte, wird wieder vermehrt über Geld gesprochen. Zumal jene Projekte, mit denen auch die Stadtväter das neue Museum gerne vergleichen, deutlich billiger waren: das Centre Pompidou in Metz (65 Mio.), der Louvre in Lens (150 Mio.), das MUCEM in Marseille (190 Mio.), ja sogar das weltbekannte Guggenheim-Museum in Bilbao (150 Mio.). Doch Medien von "Liberation" bis "L' Express" geben in ihrer breiten Vorberichterstattung zu: Hier entstand etwas Besonderes. Das Besondere beruht auf drei Faktoren: Lage, Hülle und Inhalt.

Spektakulär

Das neue Museum liegt am Zusammenfluss (Confluent) von Saone und Rhone und soll die ehemalige Industriezone am südlichen Ende der zentralen Halbinsel Lyons nicht nur kulturell aufwerten. Hinter Stadtautobahnen entsteht rund um das 180 Meter lange, 90 Meter breite und 37 Meter hohe Museum ein großer Garten, der ebenso frei zugänglich sein wird wie Restaurant, Boutique und Buchshop sowie das Terrassencafé auf dem Dach mit spektakulärem Rundblick.

Für das Projekt, mit dem 2001 der internationale Wettbewerb gewonnen wurde, hat Wolf D. Prix mit seinem Team die an großformatigen Museums- und Kongressbauten von München (BMW Welt, 2007) über das koreanische Busan (Kino- und Veranstaltungszentrum, 2011) bis ins chinesische Dalian (Konferenzzentrum, 2012) erprobten Architektur-Elemente CoopHimmelb(l)aus weiterentwickelt: Sockel, Kristall und Wolke. Im Betonsockel sind u.a. zwei Auditorien, Garderoben und die Betriebstechnik untergebracht. Der aus Glas und Metall konstruierte "Kristall" fungiert als großzügiges Foyer und als mit seiner kühnen Konstruktion beeindruckende Erschließungszone. Die auf Säulen ruhende und mit Metall-Paneelen verkleidete "Wolke" beherbergt die Ausstellungsräumlichkeiten.

2,2 Millionen Objekte

Die dem Museum zugrunde liegende Sammlung von über 2,2 Millionen Objekten wurde seit dem 17. Jahrhundert zusammengetragen und widmet sich der Stellung des Menschen und seiner kulturellen Entwicklung im großen globalen und geschichtlichen Zusammenhang. Ammoniten und Meteoriten befinden sich in diesem "Kuriositätenkabinett des 21. Jahrhunderts" ebenso wie prähistorische Artefakte, Samurai-Rüstungen, Tier-Mumien oder umfangreiche Bestände von Musikinstrumenten oder Schuhen.

In der 3.000 Quadratmeter großen Permanentausstellung soll in vier fächerübergreifenden Themenbereichen das komplexe Wissen der Menschheit und die sehr unterschiedlichen Kollektionen des Museums zusammenfließen. Die Ursprünge des Kosmos seit dem Urknall, die Einordnung des Menschen in die Biodiversität, der Mensch als soziales Wesen sowie das Ende des Lebens und der Umgang mit dem Tod sind die zentralen Kapitel. Dazu kommen Wechselausstellungen, mit denen das Museum, das 500.000 Besucher pro Jahr erwartet, auch für die örtliche Bevölkerung attraktiv bleiben soll.

Wunderkammer

Lyon, das sich bisher mit Paul Bocuse als Stadt der Gastronomie und mit den Brüdern Lumiere als Stadt des Cinematographie positioniert hat, habe damit etwas Einzigartiges, versichert Direktorin Helene Lafont-Couturier. Ihre Aufgabe wird es sein, die komplexen Inhalte dem Publikum nahezubringen, um aus dem Museum eine Erfolgsgeschichte zu machen. Die Verpackung dieser neuen Wunderkammer sieht schon mal sehr attraktiv aus.  
www.museedesconfluences.fr