Er hat griechischen Wein zum Ohrwurm gemacht und Spießigkeit und Heuchelei in ehrenwerten Häusern entlarvt. Und immer, immer wieder hat Udo Jürgens die Hoffnung und die Liebe hochleben lassen. Jetzt ist der große Entertainer und österreichische Song-Contest-Gewinner im Alter von 80 Jahren gestorben. Hits mit klugen Texten waren sein Markenzeichen - und sind nun als Evergreens sein Vermächtnis.

In Klagenfurt wurde Jürgens als Udo Jürgen Bockelmann am 30. September 1934 geboren. Im elterlichen Schloss Ottmanach in der Gemeinde Magdalensberg wuchs er auf. Mit zehn Jahren wollte er der Hitlerjugend beitreten, "weil es geheißen hat, die Lehrer dürfen einen dann nicht mehr schlagen". Doch sein Gastspiel bei der HJ blieb kurz, der zarte Bub war den Vorgesetzten nicht männlich genug. Bleibende Erinnerung an diese Zeit hatte er trotzdem, die Ohrfeige eines Jugendschaftsführers bescherte ihm am linken Ohr einen deutlichen Hörverlust.

Seine musikalische Laufbahn begann Udo Jürgens als Fünfjähriger mit einer Mundharmonika, drei Jahre später bekam er ein Akkordeon geschenkt. Schon als Zwölfjähriger beschloss er, dass er Musiker werden wollte und schrieb sich am Konservatorium in Klagenfurt ein. Anfang der 50er Jahre trat er dort in diversen Lokalen unter dem Namen "Udo Bolan" auf, die Begeisterung der Zuhörer sei "enden wollend" gewesen, meinte er später. 1950 gewann er bei einem Komponisten-Wettbewerb des Österreichischen Rundfunks unter 300 Einsendungen mit dem Lied "Je t'aime" als jüngster Teilnehmer den 1. Preis. 1959 erzielte er einen ersten Achtungs-Erfolg mit "Jenny".

"Reach for the Stars"

Schon bald wurden Plattenfirmen und Manager auf das Songwriting-Talent Jürgens' aufmerksam. 1960 komponierte er für Shirley Bassey den Welthit "Reach for the Stars". Matt Monro verkaufte mit der englischen Version von "Warum nur, warum?" ("Walk Away") auf Anhieb 1,5 Millionen Schallplatten. Die deutschsprachige Originalversion wurde ein Nummer-1-Hit in Frankreich. Jürgens komponierte für Frank Sinatra "If I Never Sing Another Song". Dieser trat den Titel wegen einer Karrierepause an seinen Freund Sammy Davis Jr. ab, der von da an jedes seiner Konzerte mit diesem Lied beendete. Für die englischsprachige Version seines Hits "Buenos dias, Argentina", die Marty Robbins aufgenommen hatte, gewann Jürgens den Country Music Award der ASCAP (American Society of Composers, Authors and Publishers).

Auch Jürgens' Siegeszug als Solo-Künstler in der deutschsprachigen Musiklandschaft begann in den Sechzigern. Nach einigen kleineren Erfolgen fuhr er 1966 als Song-Contest-Sieger nach Hause. "Merci Cherie" machte ihn praktisch über Nacht zum Star - und bis zum Sieg von Conchita Wurst zum einzigen heimischen Gewinner dieses Wettbewerbs.

Der Erfolg stürzte ihn aber auch in eine tiefe Krise. Er trank und rauchte exzessiv, raste stockbetrunken mit 220 km/h über die Autobahn. Damals sei er dem Tod sehr nahe gewesen, meinte Jürgens einmal in einem Rückblick und lieferte gleich eine Erklärung für die Exzesse: "Es ist schwerer, einen gigantischen Erfolg zu verdauen als mit Misserfolg klar zu kommen, denn erfolglos zu sein ist der ganz normale Wahnsinn eines jungen Künstlers." Auch als Frauenheld machte sich der Schlagerstar einen Namen. Es gab ständig wechselnde Liebschaften, Beziehungsprobleme und schließlich die Scheidung, letztens von seiner langjährigen Frau Corinna.

Erfolgreich trotz Eskapaden

Sein musikalischer Erfolg blieb von seinen Eskapaden unberührt, bis zuletzt verkaufte er an die 100 Millionen Tonträger. Rund 1.000 Lieder komponierte Jürgens im Laufe seiner Karriere. Die Liste seiner Hits scheint unendlich lange, von "Griechischer Wein" über "17 Jahr, blondes Haar" und "Aber bitte mit Sahne" bis zu "Es wird Nacht, Senorita" und "Buenos dias, Argentina" reicht die Palette. Dabei blieb er sich selbst bis heute treu, seine Kompositionen blieben weitgehend unberührt von Trends und Zeitgeist. Der Grundtenor seiner Texte war fast immer sozialkritisch, auch wenn einige seiner Lieder auch zu Bierzelt-Hymnen mutierten.

"Als Komponist und Textdichter ist es Udo Jürgens gelungen, unvergessliche Melodien mit mal heiteren, mal nachdenklichen und philosophischen Texten zu vereinen", hieß es im Frühjahr in der Begründung für den Musikautorenpreis des deutschen Musikrechteverwerters Gema. Nicht nur als Musiker, auch als Autor verdiente sich Jürgens bereits seine Sporen. Sein später verfilmter autobiografischer Roman "Der Mann mit dem Fagott" schaffte es auf die Bestsellerlisten. Auch das Udo-Jürgens-Musical "Ich war noch niemals in New York" wurde zum Erfolg.

Seit 1977 lebte Udo Jürgens in Zürich, 2007 nahm er zudem die Schweizer Staatsbürgerschaft an. Seine Heimat Kärnten besuchte er dennoch regelmäßig, auch seines Bruders wegen. Manfred Bockelmann ist Maler, und Udo widmete ihm einmal auch ein Lied mit dem schlichten Titel "Mein Bruder ist ein Maler".